2010-07-21 14:45:25

Afghanistan:„Hilfsorganisationen brauchen Unabhängigkeit“


RealAudioMP3 Endlich etwas Positives aus Afghanistan: Die Beschlüsse der Konferenz vom Dienstag sind international begrüßt worden. Vor allem führende Politiker aus den USA, Großbritannien und Deutschland sehen eine positive Entwicklung. Aber es gibt auch Kritik. Zur Erinnerung: Zum ersten Mal seit Beginn des Konfliktes am Hindukusch trafen sich hochrangige Vertreter der westlichen Regierungen in dem Land, in dem sie seit acht Jahren Truppen stationiert haben.

Gut geschützt hinter meterhohen Betonwänden, Stacheldraht und Panzerglas berieten u.a. der der deutsche Außenminister Guido Westerwelle und seine US-amerikanische Amtskollegin Hilary Clinton über die Zukunft des Landes. Zentrale Frage war: Wann übernehmen afghanische Truppen das Kommando über die Sicherheit im Land? Die katholische Hilfsorganisation Caritas international leistet seit Jahren in Afghanistan Hilfe, wir fragten ihren Präsidenten, Oliver Müller, was die Konferenz für Afghanistan bedeutet.

„Das ist schwer zu sagen. Mein Eindruck von der Konferenz ist, dass die Konferenz eher die Bedürfnisse der westlichen Geberstaaten widerspiegelt, nämlich nach einer Festschreibung des Abzugstermins und weniger die tatsächliche Realität in Afghanistan. Ich habe volles Verständnis dafür, dass die westlichen Regierungen angesichts des Drucks aus ihren Bevölkerungen auf einem baldigen Abzugstermin bestehen. Gleichzeitig sind die Verhältnisse in Afghanistan momentan so schwierig, dass ich Bedenken habe, ob die gestern verabschiedeten Beschlüsse auch wirklich durchzuhalten sind.“

Kürzlich hat die deutsche Bundesregierung das „Konzept der vernetzten Sicherheit“ entworfen, demnach soll es eine politisch-militärische Gesamtstrategie für Afghanistan geben. Will heißen: Wenn Hilfsorganisationen aus einem Topf des Bundes Geld wollen, werden sie in diese Gesamtstrategie eingebunden. Oliver Müller meint dazu:

„Wir hatten in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass es ganz wichtig ist, die militärischen von den humanitären Aufgaben zu trennen. Wir sind als humanitäre Organisation darauf angewiesen, völlig unabhängig zu arbeiten. Das bedeutet nicht, dass wir nicht die Arbeit der Bundeswehr schätzen, aber beide Bereiche dürfen nicht miteinandere vermischt werden. Das würde Mitarbeiter massiv gefährden und das unabhängige Mandat einer Hilfsorganisation wie Caritas international beeinträchtigen.“

Der große Beschluss bei der Konferenz war aber der vorläufige Abzugstermin der westlichen Truppen im Jahr 2014. Das müsse man kritisch sehen, meint der Präsident von Caritas International, gerade jetzt seien die Verhältnisse schwieriger denn je, allein im Juni seien 103 ausländische Soldaten umgekommen, Aufständische kontrollierten große Teile des Landes, Drogenhandel und Korruption seien an der Tagesordnung im zweitärmsten Land der Welt. Und trotzdem ist die Arbeit der Caritas in Afghanistan ein Hoffnungsschimmer.

„Wir sind sehr zufrieden, wie das mit den Projekten vorangeht, weil wir mit zahlreichen lokalen Hilfsorganisationen zusammenarbeiten und haben den Eindruck, dass wir das Vertrauen der Bevölkerung in den Landesteilen, in denen wir arbeiten, auch gewinnen konnten. Die Menschen sind enorm dankbar für die Hilfe, die von außen kommt, sie wissen das sehr zu schätzen. Das ist wirklich ein großes Zeichen christlicher Nächstenliebe über diese Entfernung hinweg, über Religionen hinweg zu helfen – das wird sehr wertgeschätzt.“

(rv 21.07.2010 tb)







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