Die schwarz-grüne
Regierungskoalition in Hamburg hat es am Sonntag zu spüren bekommen: es gibt nichts
Politischeres als Bildung. In einer Volksabstimmung hat Hamburg eine Regierungsvorlage
abgelehnt, die eine Verlängerung der Grundschule um zwei Jahre vorsah, um längeres
gemeinsames Lernen zu ermöglichen. Damit stellt sich die Wählerschaft gegen eine schon
lange von Bildungsreformern erhobene Forderung. Svenja Kormann ist Bundesleiterin
der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ). Als Verband von Schülerinnen und Schülern
beschäftigt sich die KSJ schon lange mit dem Thema Schulbildung. War denn das Scheitern
des Hamburger Volksentscheides nun eine gute oder eine schlechte Nachricht?
„Es
ist auf jeden Fall ein Zeichen, dass endlich deutlich geworden ist, dass in unserem
Bildungssystem etwas falsch läuft und korrigiert werden muss. Nur die richtige Lösung
ist anscheinend noch nicht gefunden worden. Da gibt es Reformbefürworter, die sozial
benachteiligten Schülerinnen und Schülern mehr Chancen eröffnen wollen, und die, die
Sorge haben, dass die eigenen Kinder nicht mehr die Förderung bekommen, die ihnen
zusteht, was auch verständlich ist. Festzuhalten ist aber für uns, dass wir uns nicht
mehr erlauben können, so viele Talente und Fähigkeiten auf der Strecke zu lassen.“
Der
Zugang zu Bildung werde nach wie vor von sozio-ökonomischen Fakten bestimmt, so Kormann.
Nicht Talent und Können entscheide, sondern Status und Wohlstand – und das Bundesland,
in dem ein Kind zur Schule gehe. Die meisten Bundesländer haben eigene Bildungskonzepte,
abhängig von eigenen Ideen, Finanzierungen und politischen Konstellationen. Und genau
hier haben die Hamburger Eltern sich gegen ein Regierungsmodell entschieden, wohl
auch – so die Kommentatoren der Entscheidung – aus Sorge, die eigenen Kinder könnten
unter schlechten Einfluss geraten, wenn sie zu lange mit Schwächeren in einer Klasse
bleiben.
„Diese Sorge ist ganz und gar berechtigt. Da ist ja auch jeder
verantwortlich für das eigene Kind. Wichtig ist, dass wir endlich genug Geld in die
Bildung stecken und nicht immer nur reden, ‚Schule muss Lernort sein’, ‚Bildung ist
wichtig’ etc. Es muss etwas passieren, und das geschieht nur, wenn auch genügend Geld
in das Bildungssystem gesteckt wird, so dass Lehrer gut ausgebildet werden, dass viele
Lehrer an Schulen sein können, dass Sozialarbeiter und Schulpsychologen an Schulen
sind. Ohne finanzielle Ressourcen kann sich nicht viel ändern, da nützt auch die einfache
Strukturveränderung nichts.“
Der Jugendverband KSJ sieht sich auch als
Bildungsverband, schließlich seien Schülerinnen und Schüler auch ‚Experten’, wenn
es um Schulen gehe. Was sie wollten und brauchten, käme aber immer erst als Letztes
in die Diskussion. Kormann sieht in diesem Manko einen der Gründe, weswegen Schulreformen
im Augenblick immer noch zu kurz greifen.
„Ich glaube, dass wir uns erst
einmal über die Inhalte klar werden müssen und darüber diskutieren müssen, was eine
Schule leisten muss und was Schülerinnen und Schüler lernen müssen. Danach können
wir uns über die Struktur unterhalten. Ich glaube, da fehlt es im Moment noch ein
wenig, und da ist der einfachere Weg, etwas umzustrukturieren; aber an den Inhalten
fehlt es noch“.