2010-07-20 11:34:01

D: „In unserem Bildungssystem läuft etwas falsch“


RealAudioMP3 Die schwarz-grüne Regierungskoalition in Hamburg hat es am Sonntag zu spüren bekommen: es gibt nichts Politischeres als Bildung. In einer Volksabstimmung hat Hamburg eine Regierungsvorlage abgelehnt, die eine Verlängerung der Grundschule um zwei Jahre vorsah, um längeres gemeinsames Lernen zu ermöglichen. Damit stellt sich die Wählerschaft gegen eine schon lange von Bildungsreformern erhobene Forderung. Svenja Kormann ist Bundesleiterin der Katholischen Studierenden Jugend (KSJ). Als Verband von Schülerinnen und Schülern beschäftigt sich die KSJ schon lange mit dem Thema Schulbildung. War denn das Scheitern des Hamburger Volksentscheides nun eine gute oder eine schlechte Nachricht?

„Es ist auf jeden Fall ein Zeichen, dass endlich deutlich geworden ist, dass in unserem Bildungssystem etwas falsch läuft und korrigiert werden muss. Nur die richtige Lösung ist anscheinend noch nicht gefunden worden. Da gibt es Reformbefürworter, die sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern mehr Chancen eröffnen wollen, und die, die Sorge haben, dass die eigenen Kinder nicht mehr die Förderung bekommen, die ihnen zusteht, was auch verständlich ist. Festzuhalten ist aber für uns, dass wir uns nicht mehr erlauben können, so viele Talente und Fähigkeiten auf der Strecke zu lassen.“

Der Zugang zu Bildung werde nach wie vor von sozio-ökonomischen Fakten bestimmt, so Kormann. Nicht Talent und Können entscheide, sondern Status und Wohlstand – und das Bundesland, in dem ein Kind zur Schule gehe. Die meisten Bundesländer haben eigene Bildungskonzepte, abhängig von eigenen Ideen, Finanzierungen und politischen Konstellationen. Und genau hier haben die Hamburger Eltern sich gegen ein Regierungsmodell entschieden, wohl auch – so die Kommentatoren der Entscheidung – aus Sorge, die eigenen Kinder könnten unter schlechten Einfluss geraten, wenn sie zu lange mit Schwächeren in einer Klasse bleiben.

„Diese Sorge ist ganz und gar berechtigt. Da ist ja auch jeder verantwortlich für das eigene Kind. Wichtig ist, dass wir endlich genug Geld in die Bildung stecken und nicht immer nur reden, ‚Schule muss Lernort sein’, ‚Bildung ist wichtig’ etc. Es muss etwas passieren, und das geschieht nur, wenn auch genügend Geld in das Bildungssystem gesteckt wird, so dass Lehrer gut ausgebildet werden, dass viele Lehrer an Schulen sein können, dass Sozialarbeiter und Schulpsychologen an Schulen sind. Ohne finanzielle Ressourcen kann sich nicht viel ändern, da nützt auch die einfache Strukturveränderung nichts.“

Der Jugendverband KSJ sieht sich auch als Bildungsverband, schließlich seien Schülerinnen und Schüler auch ‚Experten’, wenn es um Schulen gehe. Was sie wollten und brauchten, käme aber immer erst als Letztes in die Diskussion. Kormann sieht in diesem Manko einen der Gründe, weswegen Schulreformen im Augenblick immer noch zu kurz greifen.

„Ich glaube, dass wir uns erst einmal über die Inhalte klar werden müssen und darüber diskutieren müssen, was eine Schule leisten muss und was Schülerinnen und Schüler lernen müssen. Danach können wir uns über die Struktur unterhalten. Ich glaube, da fehlt es im Moment noch ein wenig, und da ist der einfachere Weg, etwas umzustrukturieren; aber an den Inhalten fehlt es noch“.

(rv 20.07.2010 ord)







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