Libyen/Eritrea/EU: Schicksal eritreischer Flüchtlinge weiter ungewiss
Es hat lange gedauert,
definitiv zu lange. Am Wochenende wurde ein Großteil der eritreischen Flüchtlinge
aus dem libyschen Gefängnis Brak frei gelassen. Die Männer aus Eritrea und dem Sudan
wurden dort gute zwei Wochen lang unter menschenunwürdigen Bedingungen festgehalten.
Wir haben zuletzt in einer Schwerpunktsendung darüber berichtet. Hören Sie hier, wie
ihre Geschichte weiter geht.
Sie kamen aus der Hölle in die Hölle. Nun
sind sie wieder frei, doch ihr Schicksal ist nach wie vor ungewiss. 205 politische
Flüchtlinge, darunter die meisten aus Eritrea, wurden am Wochenende aus dem Schreckensgefängnis
in Brak im Süden Libyens freigelassen, zusammen mit anderen etwa zweihundert Flüchtlingen,
die aus Auffanglagern des Landes entlassen wurden. International atmete man auf, doch
die Umstände der Freilassung sind bisher nicht geklärt. Christopher Hein, Direktor
des italienischen Flüchtlingsdienstes (CIR), vermutet im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Ich
denke, die Aufmerksamkeit für ihr Schicksal, in Italien und auch international, hat
die Freilassung stark beeinflusst. Wir sind sehr froh, dass sie endlich frei sind.
Alle Flüchtlinge wurden aus Brak nach Sebah transportiert und haben ein für drei Monate
gültiges libysches Dokument erhalten, mit dem sie im Land auch arbeiten können. Um
dieses Dokument zu erneuern, müssten sie allerdings einen eritreischen Pass vorzeigen
und dass ist für sie natürlich unmöglich.“ Das Schicksal
der Flüchtlinge ist weiter ungewiss. Hein hofft auf die Unterstützung der europäischen
Gemeinschaft, damit die politisch Verfolgten in andere Länder ausreisen können:
„Diese
Anfrage von unserer Seite bleibt bestehen. Wir wollen uns jetzt auch mit dem italienischen
Innenminister Roberto Maroni treffen, um unsere konkreten Vorschläge zu unterbreiten.
Es gibt da natürlich auch eine Aufteilung der Verantwortung; wir haben schon ein Programm
der Wiederansiedlung eines bestimmten Teils der Flüchtlinge im Blick...“
Die
Männer sind zwar frei, doch ohne weitere Hilfe. Viele von ihnen wurden im Gefängnis
misshandelt, ihre Wunden wurden nciht versorgt. In der Stadt Sebah, wohin sie nach
ihrer Freilassung transportiert wurden, sind ihnen die Hände gebunden. Einer der Männer
sagte im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Wir sind hier über 200 Flüchtlinge.
Wir haben keinen Schutz, kein Essen, kein Wasser. Die libysche Regierung hat uns gesagt,
dass wir nun frei sind. Aber alle Checkpoints sind geschlossen, so dass wir nicht
nach Tripoli gehen können. Wir sind Asylanwärter und politische Flüchtlinge und brauchen
den Schutz der internationalen Gemeinschaft. Mit Bitterkeit wenden wir uns an sie,
bis man eine Lösung findet. Wir wurden in unserem Land unterdrückt und dann gefoltert!“
Dabei
war vielen der Männer der Status politischer Flüchtlinge zu diesem Zeitpunkt bereits
zugesprochen worden – und zwar von Seiten des UN-Flüchtlingskommissariats, dass sich
bis vor Kurzem noch um eine Registrierung politischer Flüchtlinge in Libyen bemüht
hatte. Die UN-Delegation war vor Kurzem des Landes verwiesen worden; danach kehrten
anarchische Zustände ein. Zur Verantwortung der EU in punkto Flüchtlingspolitik meint
Hein:
„Wenn man Abmachungen mit so genannten dritten Ländern außerhalb
der europäischen Union trifft, sei es mit Libyen oder anderen Ländern, müssen Menschenrechte
und Asylrecht zentrale Punkte der Verhandlungen sein. Das betrifft auch die EU – man
kann keine Verhandlungen über Handel, Tourismus, gegenseitige Dienstleistungen und
Gelder ohne diese Dimension führen!“
Die Situation der Flüchtlinge
von Brak dürfe jetzt nicht aus den Augen verloren werden, mahnt der Direktor des italienischen
Flüchtlingsdienstes:
„Diese Menschen haben keinen ausreichenden Schutz,
sie gelten in Libyen nicht als Asylbeantragende, denn so was gibt es in dem Land nicht.
Wir sind beruhigt, sehen die Freilassung jedoch nur als ersten Schritt des Überlebens
und hoffen, dass es nicht wieder zu Deportationen zurück nach Eritrea kommt. Es ist
jetzt notwendig, ihre Geschichte weiter zu verfolgen. Ich denke auch, dass Italien
auf Grundlage der Abmachungen und der Freundschaft mit Libyen hier noch eine wichtige
Rolle als Garant spielen wird...“