Italien: Mühsame Suche in den Kapitolinischen Museen
Rom ist wie ein einziges
Museum. An jeder Straßenecke stolpert man über historisch Bedeutsames: Inschriften,
Ruinen, Brunnen, Säulen. Wer weiß, welche Schätze noch in der Tiefe schlummern. Allein
über die bereits Gehobenen den Überblick zu behalten, ist nicht leicht. Diese Erfahrung
hat Sabrina Pompe gemacht. Die Duisburgerin hat in diesem Sommer ein Praktikum in
einem der ältesten Museen Roms absolviert, in den Kapitolinischen Museen. Kristina
Kiauka hat Sabrina an ihrem Arbeitsplatz besucht.
Drei Uhr am Nachmittag neben
dem Reiterstandbild von Marc Aurel. Das ist unser Treffpunkt. Auf dem Campidoglio,
dem Kapitolshügel, tummeln sich die Touristen, verschnaufen nach dem Aufstieg von
Michelangelos Rampentreppe kurz am Rande des Platzes.
„Ich heiße Sabrina
Pompe, komme aus Deutschland, studiere in Düsseldorf, aber mache gerade ein Praktikum
in den Kapitolinischen Museen.“ Für zweieinhalb Monat ist Sabrina nach Rom
gekommen. Ihr Arbeitsplatz liegt zwar auf dem kleinsten der sieben klassischen Hügel
Roms, aber es ist wahrscheinlich der meist besuchte und fotografierte. Hier lag einst
das politische und religiöse Machtzentrum der Stadt. Heute beherbergt der Senatorenpalast
unter anderem das römische Rathaus und die beiden Palazzi zu den Seiten Teile der
weltberühmten Kunstgalerie, der Kapitolinischen Museen. Sabrina studiert Kunstgeschichte,
ein Praktikum in Rom lag da auf der Hand.
„Ich habe an ganz verschiedene
Museen in Rom geschrieben, also E-Mails, und einfach angefragt, ob sie irgendeinen
Praktikanten brauchen oder irgendetwas hätten, was zu tun sei. Da haben mich die Kapitolinischen
Museen mit diesem Projektvorschlag angeschrieben und gefragt, ob ich da nicht mitmachen
möchte.“ Durch einen schlichten Seiteneingang geht es in den Bürotrakt der
Kapitolinischen Museen. Sabrina führt mich zielstrebig durch einen Irrgarten aus Bücherregalen
zu ihrem Schreibtisch. Hier arbeitet sie in einem Team von vier Leuten. Ihre Chefin
ist Archäologin, ein weiterer Kollege, der hinter der nächsten dicken Bücherwand der
Bibliothek sitzt, kommt wie Sabrina aus Deutschland. Er hat Archäologie und Informatik
studiert.
„Es geht darum die geographischen Informationen zu bestimmten
Fundstücken, die hier im Museum sind oder die irgendwo anders gelagert sind, aber
zum Museum gehören, herauszufinden und auf konkrete Straßennamen oder Plätze zu bringen,
die man dann weiterverarbeiten kann.“ Sabrina zeigt auf ein rund einen halben
Meter hohes und 30 Zentimeter tiefes altes abgegriffenes Buch.
„Hier sind
die Register im Schrank aus dem 19. Jahrhundert, diese riesigen Bücher, die ich kaum
herüber auf den Tisch tragen kann, und da schlagen wir nach. Da wurde alles aufgelistet,
was gefunden wurde und zwar absolut chaotisch…Die haben nicht wirklich eine Systematik
und das sind ganz viele. Da muss man sich erst durchsuchen, bis man da etwas findet.
Aber das gute ist ja, die sind schon abgetippt. Wir haben eine digitale Datenbank,
wo die ganzen Daten vorhanden sind, die wird jetzt bearbeitet und das mache ich, weil
es da ganz viele Fundorte, die einfach nicht identifizierbar sind. Wenn man heute
auf die Karte schaut, findet man die nicht.“ Am Computer zeigt Sabrina eine
Karte von Rom, unterteilt in viele Raster.
„Es gibt auch diese Einteilung
in die Zonen und dann hat man etwa ein Fundstück, bei dem steht, 1. Zone 3. Feld und
das war es dann. Das muss dann abgeglichen werden, wie die Straßen heute heißen. Hier
ist zum Beispiel die Piazza Vittorio Emanuele, hier oben ist Termini. Und es ist alles
möglich: Von kleinen Steinchen, Terrakotta-Stücken bis hin zu ganzen Skulpturen und
gerade hier in dem Bereich um Termini sind es viele Grabmäler, die gefunden wurden.
Also Gräber, die aufgemacht wurden und dort eben die kleinen Töpfe oder Grabbeigaben.“
Von den dicken Registerbüchern gibt es fünf, erzählt Sabrina. Sie schätzt,
dass darin insgesamt rund 30.000 Fundstücke verzeichnet sind. Das Projekt, an dem
sie mitarbeitet, hat mehrere Ziele.
„Erstmal geht es darum festzustellen,
was alles da ist und wo es herkommt, aber dann kann man natürlich damit weiterarbeiten.
Es gibt verschiedene Forschungsgebiete, wo genau herausgefunden werden soll, was wo
gefunden wurde und dann mit anderen Funden abgeglichen werden soll, die eben nicht
in den Registern sind. Dazu hilft es, aber zum anderen auch dazu, die Daten geografisch
mit Koordinaten zu verbinden und etwa auf google maps oder ähnlichem zu lokalisieren
und dann mit einem Punkt zu versehen oder Bilder hinzuzufügen.“ Die Sammlung
der Kapitolinischen Museen, die auf das erste Antikenmuseum von 1471 unter Papst Sixtus
IV. zurückgeht, befindet sich nicht nur auf dem Kapitolshügel, erklärt Sabrina. Es
gibt einen weiteren Standort in Rom mit der Centrale Montemartini in Ostiense und
außerdem gut gefüllte Lager.
„Ich bin schon die meiste Zeit hier im Büro,
aber ich war auch einen Tag in einem anderen Museum, das hierzu gehört, dort haben
sie eine riesige Lagerhalle mit ganz vielen Fundstücken und man weiß gar nicht, ob
es genau die sind, die in den Registern sind oder nicht. Die haben jede Menge Nummern,
aber man weiß auch nicht, wie man die verorten soll. Ich habe es mir dort auch mal
angeschaut, wie schwer es wirklich ist, die genauen Fundstücke, weil es ja so viele
sind und so ähnliche und die überall verstreut sind, wirklich mit den Registern oder
mit Inventarnummern zusammenzubringen. Und so etwas ist sehr spannend.“ Ihre
Mittagspausen verbringt Sabrina am liebsten im Museum.
„Ich finde einfach
das ganze Museum, die Museumsräume an sich schon sehr beeindruckend, auch ohne die
Ausstellungsstücke. Und das Treppenhaus und gerade den unterirdischen Gang, der den
einen Museumsteil mit dem anderen verbindet, finde ich sehr, sehr spannend und aus
dem Senatorenpalast kann man hinten aufs Kolosseum schauen und aufs ganze Forum Romanum.
Den Ausblick finde ich sehr schön.“ (rv 15.07.2010 kk)