2010-07-13 13:24:10

DBK: „Perle in der verschlossenen Auster“
 


RealAudioMP3 Es wurde vertuscht, verleugnet und verheimlicht – so urteilt die Journalistenvereinigung „Netzwerk Recherche e.V.“ über die katholische Kirche in punkto Kommunikation und Aufklärung der Missbrauchsfälle. Deshalb hat sie ihr den Preis „Die geschlossene Auster 2010“ verliehen. Der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz hat den unbeliebten Preis am Wochenende in Hamburg entgegengenommen. Warum, erklärt Matthias Kopp im Interview mit dem Kölner Domradio:

„Ich habe meine Rede mit den Worten begonnen: Wenn ich jetzt Ihre Klischees als Journalisten erfüllen würde, müsste ich diesen Preis eigentlich ablehnen. Aber wir haben ganz bewusst entschieden, dass ich nach Hamburg gehe, um diese Chance zu nutzen und klarzumachen: Ja, es hat in den vergangenen Monaten und auch Jahren Fehler gegeben. Aber wir wollen uns diesen Fehlern stellen und auch schauen, was man besser machen kann. Und vor allen Dingen war es mir wichtig, den Preis anzunehmen und deutlich zu machen: Die Auster beherbergt eine Perle und damit viel Wertvolles. Ich glaube, dass die Kirche ganz viel Wertvolles zu vermitteln hat, was wir auch aktiv tun.“

DBK-Sprecher Kopp nimmt die Bewertung als „konstruktive Kritik“ aufzunehmen.

„Das ist eine Chance für uns, aber auch eine ständige Mahnung. Das zeigt auch die Anerkennung, die ich für die Bischofskonferenz der katholischen Kirche am Samstag in Hamburg für mein Kommen erhalten habe, denn die meisten Preisträger der vergangenen Jahre sind gar nicht erst dort erschienen, weil es sich ja um eine unbeliebte Auszeichnung handelt. Aber auch dem Unbeliebten müssen wir uns stellen.“

Immer wieder wurde auch in der Vergangenheit der Vorwurf laut, die Kirche stelle sich nicht den aktuellen Fragen und Problemen der Gegenwart. Kopp warnt dagegen vor einer „fragmentarischen Wahrnehmung“ der Kirche. Alle Bischöfe hätten sich schließlich mehrfach „tief beschämt und erschüttert“ geäußert und um Vergebung gebeten, erinnert Kopp in Bezug auf die Missbrauchsfälle. Und er räumt weiter ein:

„Natürlich sind neue Fragen zu bedenken, z.B. in der Priesterausbildung und bei der Überarbeitung der Curricula - es sind viele aktuelle Fragen, denen sich die Kirche stellt. Hier einfach pauschal zu sagen, die Kirche würde nichts machen, entspricht einfach nicht der Wahrheit.“

Die Kirche respektiere den Anspruch der Öffentlichkeit auf vollständige Informationen nicht und widerspreche damit eigenen Wertepostulaten nach Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit, teilte die Preisjury mit. Bei Aufarbeitung der Missbrauchsfälle würden nur Tatsachen zugegeben, die sich nicht mehr leugnen ließen. Zudem habe die katholische Kirche recherchierende Journalisten behindert. Kopp erinnert daran, dass die Kommunikationswege der Kirche manchmal „etwas anders“ verliefen als in anderen Bereichen:

„Ich habe versucht, deutlich zu machen, dass wir keine Aufsichtsräte haben, sondern Bischöfe, die in ihrer Berufung und nach ihrer Ernennung, also ihrer Weihe, völlig autark und autonom handeln wollen und sollen. In den Bistümern herrschen eigene Kommunikationsstrukturen. Wer jetzt meint, die Kirchen mit Wirtschaftsunternehmen vergleichen zu können, der wird bei uns keine Wirtschaftskommunikation wie in einem Unternehmen finden. Wir sind einfach eine andere Institution als ein Wirtschaftsunternehmen oder eine politische Partei. Deshalb sind auch manchmal die Regeln der Kommunikation andere.“

Als Institution mit einem hohen medialen Interesse hoffe die Kirche nun ihrerseits auf die Fairness der Journalisten:

„Das bedeutet faire Recherche, dass man uns nicht mit Klischees und Vorurteilen behaftet, sondern uns auch eine Chance gibt, eine andere Position bzw. unsere Position darzustellen. Deshalb bin ich am Wochenende zum Netzwerk Recherche gegangen, weil ich die Chance hatte, dort eine Gegenrede zu halten. In den meisten Fällen dieser Missbrauchsgeschichte haben wir auch einen durchaus fairen Umgang mit den Medien erleben dürfen. Natürlich auch harte Konfrontationen, man ist uns hart angegangen und hat hart recherchiert. Aber dieses Recherchieren muss auch weiterhin fair bleiben. Dafür habe ich in Hamburg versucht zu werben.“

Die „Verschlossene Auster“ ist ein Negativpreis „für Auskunftsverweigerer in Politik und Wirtschaft“. Der seit 2002 verliehene Preis, eine Skulptur des Marburger Künstlers Ulrich Behner aus reinem Schiefer, soll bei den Empfängern einen offeneren Umgang mit Presse und Medien bewirken.

(domradio 13.07.2010 pr)








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