Aids-Seelsorger: Krankheit betrifft alle Bevölkerungsgruppen
Wien wird ab Sonntag
Zentrum der Bemühungen zur Bekämpfung von AIDS sein, zumindest für die Dauer der Welt-Aids
Konferenz lang. Wien? Ist das nicht weit weg von den Schauplätzen von AIDS? Nein,
sagt Pater Clemens Kriz. Der Trinitarierpater und Aids-Seelsorger der Erzdiözese Wien
warnt davor, die Krankheit zu bagatellisieren. Es sei eben kein Problem ‚ferner Länder’,
HIV und Aids seien nach wie vor Realität, auch in Österreich und quer durch alle Bevölkerungsgruppen,
so Kriz im Gespräch mit der Nachrichtenagentur kathpress:
„Man kann wirklich
von keinen Risikogruppen mehr sprechen. Die Krankheit haben alle: Es gibt sie bei
Männern, Frauen, Homosexuellen, Nicht-Homosexuellen, im Drogenbereich. In Österreich
merkt man also, dass sich die Krankheit stark aufgeteilt hat.“
In Österreich
werde die Krankheit inzwischen ausschließlich durch Drogen und Sexualverkehr übertragen,
so Kriz. Ein großes Problem stelle diesbezüglich auch die grenznahe Prostitution dar,
durch die „nicht wenige“ Ehemänner ihre Ehefrauen ansteckten.
Diskriminierungen
HIV-positiver Menschen gebe es leider immer noch, so Kriz weiter. Beispiel seien etwa
„fadenscheinige“ Kündigungen oder Frühpensionierungen. Es gelte „ohne Verlogenheit“
mit Aids umzugehen und „zum Leben und zu sich selbst ehrlicher“ zu sein, so der Appell
des Geistlichen. Heute gelte es vor allem Menschen zu unterstützen, die mit der Krankheit
leben. Die Kirchen leisteten hier bereits gute Arbeit.
„Der Tod ist nicht
so das bestimmende Thema, was er vorher sehr wohl war. Jetzt sind die Anforderungen
und Probleme fast mehr geworden. Man muss schauen: Wie können die Leute leben, und
auch gut leben, weiterarbeiten, wie können sie nach Möglichkeit ein relativ normales
Leben auch weiterführen, was ist mit Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten – also diese Sachen
sind ganz anders geworden als in den ersten Jahren. Was dann wirklich von Kirchen
geleistet wird: Für die Menschen da zu sein, die damit leben müssen. Da fragt sonst
niemand nach. Ich finde es schade und ungerecht zu urteilen, dass die Kirchen gar
nichts täten. Manche Länder würden arm aussehen, wenn die Kirchen dort nicht im Einsatz
wären!“
Wirksame Vorbeugung allein im Gebrauch von Kondomen zu sehen, findet
der Seelsorger kurzsichtig. Von der am kommenden Sonntag in Wien beginnenden Welt-Aids-Konferenz
erhofft sich Kriz mehr Aufmerksamkeit für die Krankheit, die vor allem in Entwicklungsländern
„ganze Generationen dahinrafft“. Bis zu 30.000 Teilnehmer werden in der österreichischen
Bundeshauptstadt erwartet. Bereits Anfang Juni hatte der Vatikan vor der UNO-Vollversammlung
in New York sehr deutlich darauf hingewiesen, dass die AIDS-Gefahr weltweit wachse.
7.400 Menschen würden täglich neu infiziert, so ein Sprecher der Delegation.
„Wenn
AIDS dadurch bekämpft werden soll, dass wir die tieferen Gründe angehen und die Kranken
die liebende Hinwendung bekommen, die sie brauchen, dann dürfen wir den Menschen nicht
nur Wissen, Fähigkeit, technische Fähigkeiten und Mittel an die Hand geben. Deswegen
empfiehlt die Vatikan-Delegation sehr deutlich, dass mehr Ressourcen für die wertebasierten
Herangehensweisen zur Verfügung gestellt werden, die auf der Menschlichkeit der Sexualität
aufbauen, also eine geistige und geistliche Erneuerung, die zu neuen Verhaltensweisen
untereinander führt. Die Verbreitung von AIDS kann - wie immer wieder auch von staatlichen
Gesundheitsexperten bestätigt wird – wirkungsvoll gestoppt werden, wenn dieser Respekt
für die Würde der menschlichen Natur und für die Moral des Menschen wesentlicher Teil
der HIV-Prävention werden.“
Besonders besorgt zeigt sich der Vatikan um
den zunehmenden Ausschluss armer Menschen von der Behandlung von AIDS. Katholische
Hilfsorganisationen würden von ihren Geldgebern immer häufiger aufgefordert, keine
neuen Patienten aufzunehmen, vor allem in Uganda, Südafrika, Haiti und anderen armen
Ländern. Dies werfe ein schlechtes Licht auf die Anstrengungen der Menschheit, diese
Krankheit wirklich stoppen zu wollen. Auch die Versprechen der Staat- und Regierungschefs
über die Jahre seien nicht umgesetzt worden.
„Die Herausforderungen von
heute stellen unsere Fähigkeit in Frage, diese Versprechen zu erfüllen. Wir müssen
aber im Angesicht der Bedrohung durch HIV und AIDS das Verlangen der Menschheit nach
weltweiter Solidarität ernst nehmen, nach ehrlicher Auswertung vergangener Herangehensweisen
– die sich vielleicht mehr auf Ideologie als auf Wissenschaft und Werten aufgebaut
haben – und nach entschlossenem Handeln, das die Menschenwürde respektiert und die
integrale Entwicklung jedes einzelnen Menschen in der gesamten Gesellschaft fördert.“