Der Name der Benediktinerschule
von Ettal war in den letzten Wochen und Monaten immer wieder im Zusammenhang mit den
über 100 dort bekannt gewordenen Missbrauchsfällen genannt und scharf kritisiert worden.
Nun ist die Leitung der Klosterschule, die im Februar auf Drängen der Bistumsleitung
München-Freising hin zurückgetreten war, rehabilitiert worden – und zwar vom Vatikan.
Eine apostolische Untersuchungskommission hat ermittelt, dass sich weder der Abt des
Klosters, Pater Barnabas Bögle, noch Schulleiter Maurus Kraß Fehler im Umgang mit
den Missbrauchsfällen hätten zu Schulden kommen lassen. Damit sind sie von den Altlasten
ihres Schulbetriebs befreit, meint Lucas Wiegelmann, der den Missbrauchsskandal in
Ettal für die Tageszeitung „Die Welt“ begleitet hat. Gegenüber dem Kölner Domradio
erklärt Wiegelmann zum am Freitag veröffentlichten Bericht:
„Es waren ja
zwei Mönche, die aus Rom entsandt wurden, die im März gemeinsam mit den Patres vor
Ort recherchiert und auch mit dem Ordinariat in München gesprochen haben. Und so ist
man zu dem Schluss gekommen, es habe keinen Fall gegeben, wo die zuständige Klosterleitung
etwas hätte vertuschen wollen oder überhaupt etwas hätte vertuschen können. Sondern
ganz im Gegenteil: Alle möglichen Stellen betonen immer wieder, dass der Wille zur
Aufklärung beim Abt uns seinem Schulleiter stets da gewesen wäre. Zu diesem Ergebnis
kommt sowohl der Bericht des Sonderermittlers in Sachen Ettal, als auch Opferorganisationen.
Der „Weiße Ring“ lobt die Aufklärungsbereitschaft des Klosters zum Beispiel. Und auch
„Wir sind Kirche“ in Bayern stellt sich auf die Seite des zurückgetretenen Abtes.
Insofern glaube ich, dass man zu dem Schluss kommen kann, dass die beiden sich nichts
vorwerfen lassen müssen und deswegen nun auch zurückkehren können.“
Erzbischof
Reinhard Marx hatte im Februar nach Bekanntwerden des Skandals hart durchgegriffen
und Abt und Schulleiter zum Rücktritt gedrängt – mit der Begründung, das Kloster Ettal
würde nicht genug für die Aufarbeitung tun. Gegenüber den apostolischen Visitatoren
in Ettal erklärten Bischof Marx und der Generalvikar des Bistums, Peter Beer, aber,
dass sie weder gegen Abt Barnabas noch gegen Prior Maurus persönliche Bedenken hätten,
wie es im offiziellen Schreiben heißt.
„Das bedeutet offensichtlich, dass
er auch eine Neubewertung der beiden vorgenommen hat. Dass er sich offensichtlich
nun der Sichtweise des Vatikans angeschossen hat. Und dem nicht im Wege stehen will,
dass man da jetzt neu anfangen will.“
Immer wieder bekundeten
ehemalige Schüler in den vergangenen Monaten ihre Solidarität mit der Schulleitung
von Ettal. Aus weiten Teilen Deutschlands und dem Ausland waren Ehemalige zu gemeinsamen
Gottesdiensten und Kundgebungen angereist. Ein Neuanfang in Ettal ist dank dem Bericht
nun endlich möglich, urteilt Lucas Wiegelmann. „Das Ergebnis des
Berichtes führt erstmal zu einer personellen Neuaufstellung im Kloster, so denke ich.
Ich könnte mir vorstellen, dass der zurückgetretene Abt und der zurückgetretene Schulleiter
es anstreben, in ihre Funktionen zurückzukehren. Ich habe auch den Eindruck, dass
das Kloster sich das wünscht. Das wäre dann die Personenaufstellung, mit der man die
Vorfälle nun weiter aufarbeitet und in die nächsten Jahre gehen kann.“
Die
vatikanische Ordenskongregation, welche die Untersuchungskommission entsandte, erteilte
nun außerdem die Weisung, dass bis zum 31. Juli eine Abtswahl stattzufinden habe. Am
13. April war der Schlussbericht des vom Erzbistum eingesetzten Sonderermittlers Thomas
Pfister zu den Missbrauchsvorwürfen in Ettal veröffentlicht worden. Demnach wurden
in Schule und Internat von Kloster Ettal Kinder und Heranwachsende bis etwa 1990 über
Jahrzehnte hinweg misshandelt, gequält und sexuell missbraucht. Betroffen seien als
Täter 15 Patres und weit mehr als 100 Opfer, hieß es damals.