Gelder für das vom
Erdbeben verwüstete Haiti sind geflossen, doch der Wiederaufbau des Inselstaates befindet
sich in einer Blockade. Dabei hätte die Bevölkerung akute Hilfe dringend nötig: Tausende
von Menschen leben seit Monaten in Zeltstätten, haben alles verloren und nur notdürftigen
Zugang zu Essen und Wasser. Radio Vatikan hat mit Alessandra D’Asaro von der Internationalen
Freiwilligenorganisation Vis gesprochen. Sie arbeitet in der haitianischen Hauptstadt
Port-au-Prince eng mit den Salesianern zusammen.
„Die
Situation ist wohl etwas kompliziert. Die Gelder sind angekommen, aber jeder, der
irgendetwas machen will, braucht besondere Genehmigungen der Regierung. Und die werden
bisher nicht vergeben! Die Absegnung dieser Anträge wird von Woche zu Woche verschoben.
Das Geld ist da, aber man weiß nicht, wie man es investieren soll. Die Regierung gibt
keine Richtlinien vor. - Und zwar weil die halbe Regierung selbst vom Erdbeben niedergeschlagen
wurde.“
Kirchen und Nicht-Regierungsorganisationen leisten
vor Ort vorbildliche Arbeit, meint Alessandra D’Asaro, aber sie schafften es nicht
allein. Am dringendsten bräuchten die Menschen Wasser und Häuser. Die hygienischen
Zustände und Lebensbedingungen in den Zeltstätten in Port-au-Prince seien immer noch
fatal, berichtet die Vis-Mitarbeiterin. Zudem greife die Kriminalität um sich.
„Die
Situation ist dramatisch, genau wie in den ersten Tagen. Die Trümmer wurden einfach
nur an die Seite geschoben und die Leichen weggeräumt. Aber man hat sich bisher in
keiner Weise um den Wiederaufbau gekümmert. Und ich höre, dass es auch keinen Plan
gibt, wie man die Häuser wieder aufbauen will. In den Schulen der Salesianer campieren
die Menschen. Es wird zwar Essen verteilt, aber die Regierung hat eine tägliche Ausgabe
seit dem 31. März verboten, sozusagen um die Leute nicht zu sehr zu verwöhnen. Das
Problem ist ja, dass die Menschen hier bereits vor dem Erdbeben in Armut lebten. Alle
Hilfsprojekte müssen so in langfristige Unterstützung eingebettet werden.“
Für
einen Wiederaufbau Haitis ist nach Expertenmeinung eine Unterstützung für die nächsten
10 Jahre notwendig. Trotz der widrigen Umstände lassen sich viele Menschen nicht entmutigen,
weiß D’Asaroso.
„Am beeindruckendsten ist zu sehen,
wie die Menschen in Port-au-Prince ihren Alltag in den Trümmern leben. Man sieht hier
Leute, die mit kleinen Fernsehern auf der Straße sitzen und mit ihren WM-Lieblingsmannschaften
Argentinien oder Brasilien mitfieberten. Ich war am Freitag im Wohnviertel Pétionville:
Da, wo vorher Dächer waren, feierten die Leute die Fußballweltmeisterschaften.“