Jeden Sommer, wenn
in Rom die Hitze unerträglich wird, zieht der Papst nach Castel Gandolfo. Der Ort
am Albanersee ist seit einiger Zeit der Sommersitz der Päpste. Aber weshalb eigentlich?
Castel
Gandolfo ist ein unscheinbarer Ort. Doch in den Geschichtsbüchern hat der kleine Ort
Einiges vorzuweisen. 1820 wurde auf der Piazza della Libertà der erste Briefkasten
der Welt aufgestellt. Damals gehörte die Ortschaft zum Kirchenstaat. 1870 wurde der
Kirchenstaat aufgelöst und Castel Gandolfo ins Königreich Italien eingegliedert. 1929
wurden mit den Lateranverträgen die Grenzen der Papstresidenz als exterritoriales
Gebiet des Vatikans festgeschrieben. Schon vorher beherbergte Castel Gandolfo die
Sommerresidenz des Papstes. Ursprünglich von Kaiser Domitian erbaut war es später
der Adelssitz der Familie Gandolfi und dann der Savelli. Die Residenz wurde von Papst
Clemens VIII. 1596 beschlagnahmt und unter Urban VIII. 1624 bis 1629 zum Papstpalast
umgebaut.
Castel Gandolfo war Sterbeort von zwei Päpsten: Pius XII. verstarb
dort 1958 und Paul VI. 1978. Die Residenz ist ein Komplex von drei Villen: der Papstpalast,
die Villa Cybo und der Palazzo Barberini. Dazu kommen noch die Gärten des Belvedere
sowie ein Gutshof mit einer kleinen Landwirtschaft. Insgesamt umfasst das exterritoriale
Besitztum des Heiligen Stuhls eine Ausdehnung von 55 Hektar. Im Unterschied zur weit
verbreiteten Meinung bedeutet dieser Status nicht, dass die päpstlichen Güter in Castel
Gandolfo Teil des Territoriums des Staates der Vatikanstadt sind, vielmehr sind sie
mit dem Status von ausländischen Vertretungsbehörden vergleichbar.
Innerhalb
der Residenz befindet sich ein Internationales Kongresszentrum der Fokolar-Bewegung.
Zu Beginn des Pontifikats von Johannes Paul II. wurde von amerikanischen Katholiken
ein überdachtes Schwimmbad gespendet. Im Ostflügel der Anlage befindet sich seit 1930
die Vatikanische Sternwarte „Specola Vaticana“, die den römischen Standort der Sternwarte
wegen der Lichtverschmutzung der Großstadt ersetzte. Sie verfügt über zwei Teleskope
aus den 1950er Jahren, die aber mittlerweile veraltet sind. Deshalb wurde 1981 die
Forschungsabteilung des Institutes durch deren damaligen Leiter George Coyne nach
Arizona an die dortige Universität verlegt.