Moraltheologe Schallenberg: „Urteil zur PID ist katastrophal“
Die so genannte Präimplantationsdiagnostik (PID) zur genetischen Untersuchung von
Embryonen ist nicht strafbar – das hat der Bundesgerichtshof in Leipzig an diesem
Dienstag entschieden. Dieses Urteil zu Gunsten des vorgeladenen Gynäkologen sei aus
ethischer Sicht katastrophal, bedeute aber keinen Rechtsbruch, erläutert der Paderborner
Moraltheologe Peter Schallenberg im Gespräch mit Radio Vatikan. Nach dem im europäischen
Vergleich strengen Embryonenschutzgesetz ist es in Deutschland verboten, eine Eizelle
zu einem anderen Zweck künstlich zu befruchten, als um dadurch eine Schwangerschaft
der Frau herbei zu führen. Dort wird aber nicht gesagt, dass die PID ausdrücklich
verboten ist.
„Das heißt, wenn man genau hinguckt, hat der Mediziner in
der Tat eine Eizelle künstlich befruchtet, um eine Schwangerschaft der Frau herbeizuführen,
aber er hat danach die Präimplantationsdiagnostik durchgeführt und von der ist eben
weder im Paragraph 1, noch im Paragraph 2 des Embryonenschutzgesetzes die Rede.“ Diese
Lücke hätten sich die BGH-Richter zu Eigen gemacht, so der Moraltheologe. Eine Entscheidung,
die ein bedenkliches Signal für die Wahrnehmung des ungeborenen Lebens in der Gesellschaft
allgemein setze.
„Es ist nicht nur das Urteil über einen bestimmten,
sehr konkreten Fall. Sondern es ist grundsätzlich eine weitere Abwertung des Status
des frühen Embryos. Wir hatten bisher ein sehr strenges und aus meiner Sicht gutes
Embryonenschutzgesetz und das ist nun durch dieses Urteil an einer entscheidenden
Stelle ausgehebelt worden. Und damit verbunden sind eine Schwächung des frühen Embryos
und eine Güterabwägung, die zu Lasten des Embryos ausfällt. Eine Güterabwägung, die
wir aber beispielsweise in der Abtreibungsgesetzgebung auch schon haben.“
Dem
katholischen Verständnis vom ungeborenen Leben widerspreche die Neuregelung des BGH
Leipzig ganz und gar, betont Schallenberg:
„Speziell aus katholisch
moraltheologischer Sicht ist das eine Katastrophe. Denn wir haben jetzt die freie
Bahn für Selektion. Nach Auffassung der kirchlichen Lehre aber genießt der Embryo
unbedingten Schutz genießt – und zwar vom frühestmöglichen Zeitpunkt an. Sodass wir
sagen: In dubio pro vita, in dubio pro Embryo – im Zweifel für den Embryo. Und an
dieser Stelle ist die Antwort aus moraltheologischer Sicht eindeutig die: Ja, es handelt
sich um eine menschliche Person.“
Hier hören Sie
das Interview mit Prof. Dr. Peter Schallenberg in voller Länge.