2010-07-07 14:13:02

D: PID-Urteil stößt auf Kritik


An diesem Dienstagnachmittag hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass die Präimplantationsdiagnostik (PID) nicht strafbar ist. Demnach können Embryonen auf genetische Schäden untersucht werden, bevor sie in die Gebärmutter eingesetzt werden. Das Urteil geht auf die Selbstanzeige eines Berliner Gynäkologen zurück, der die Präimplantationsdiagnostik angewandt hatte und die Rechtslage klären lassen wollte.


Beide großen Kirchen in Deutschland reagierten enttäuscht auf das Urteil des BGH.
Die Deutsche Bischofskonferenz teilte in einer Pressemeldung mit, dass die Tötung von Embryonen aufgrund genetischer Schäden nicht erlaubt sein dürfe. Dies „widerspricht unserem Verständnis vom Menschen“, so die Bischöfe. Mit dem Urteil wüchse außerdem der „Rechtfertigungsdruck auf behinderte Menschen und deren Eltern weiter“. Ein Embryo habe von Anfang an das volle Recht auf das Menschsein und die Würde eines Menschen, so die Bischofskonferenz.
Der Bischof von Fulda, Heinz Josef Algermissen, zweifelt daran, dass man die Anwendung der PID begrenzen könne: „Die rechtliche Zulassung der PID wird die Mentalität fördern, Leben auszuwählen statt zu wählen.“ Die Folge sei eine Diskriminierung von Menschen mit den Behinderungen und Krankheiten, die man durch die PID zu vermeiden sucht.
Auch der Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, kritisierte das Urteil scharf: Es sei „ein schwerer Schlag gegen den Schutz und die Würde menschlichen Lebens“, so Glück. Durch die PID würden keine Krankheiten behandelt, sondern allein Selektion betrieben. Das Urteil zeige, so der ZdK-Vorsitzende, dass das Bewusstsein für und die Akzeptanz von menschlicher Begrenztheit einem Perfektionsdrang gewichen sei. Dieser Perfektionsdrang sei aber dem Leben in keiner Weise dienlich.
Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zeigte sich bestürzt. Die PID beruhe auf Verbrauch und Vernichtung menschlicher Embryonen, betonte EKD-Präsident Hermann Barth. Die Würde des frühen menschlichen Lebens verbiete es, dass es „bloß als Material und Mittel zu anderen Zwecken genutzt oder gar erzeugt wird.“
Der evangelische Thüringer Altbischof Christoph Kähler sagte, er wolle sich „gar nicht vorstellen, was dann passiert, wenn alle Barrieren einfach beiseite geräumt werden.“ Man dürfe auf keinen Fall Erbmaterial etwa für kranke Geschwister herstellen, so Kähler.
Der Mainzer katholische Moraltheologe Johannes Reiter schloss sich der Kritik an und bemerkte, dass vor allem die vom BGH vorgeschriebene Begrenzung der PID auf „Hochrisikopaare“ zum Scheitern verurteilt sei, da sie zu viel Interpretationsspielraum böte.


Auch von außerhalb der Kirche kommt Kritik in Sachen PID. So warnte der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe (CDU), ebenfalls vor einer Freigabe der Auslese von Embryonen. Wenn die PID grundsätzlich zugelassen sei, gebe es nur noch „Selektionen, was ist lebenswert und was ist nicht mehr lebenswert.“
Der Vorsitzende des Bundesverbandes Lebensrecht (BVL), Martin Lohmann, wertete das Urteil „letztlich als ein Angriff auf den Lebensschutz in Deutschland.“ Dieser Dienstag sei somit ein schlimmer Tag für die Unantastbarkeit der Würde des Menschen gewesen, so Lohmann. „Was wir hingegen dringend brauchen, ist nicht weniger, sondern mehr Ehrfurcht. Nicht weniger, sondern mehr Leben.“
Der Verband Christdemokraten für das Leben (CDL) stimmte in die Kritik mit ein und forderte vor allem Klarheit in der Frage der Definition von „schwerwiegenden genetischen Schäden“: „Ein bisschen straffrei gibt es ebenso wenig, wie ein bisschen schwanger“, so die Lebensrechtsinitiative der CDU/CSU.


(pm 07.07.2010 tb)







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