Ich bin sehr froh, heute in eurer Mitte zu sein
um diese festliche Messe zu feiern. Ich grüße euren Hirten, Bischof Angelo Spina:
ich danke ihm für die warmen Worte des Willkommens, die er im Namen aller für mich
gefunden hat, und für die Gaben, die er mir angeboten hat und die ich wertschätze;
eure Zeichen der echten und wahren Gemeinschaft, die die Menschen dieses lieben Landes
der Abruzzen mit dem Nachfolger Petri haben. Ich grüße die Anwesenden Erzbischöfe
und Bischöfe, die Priester, die Ordensmänner und -frauen, die Angehörigen der Vereinigungen
und kirchlichen Bewegungen. Ich richte ein besonderes Dankeswort an den Bürgermeister,
Fabio Federico, für seine freundlichen Begrüßungsworte, und an die Vertreter der Regierung
und der zivilen und militärischen Autoritäten. Ein besonderer Dank gilt allen, die
dankenswerterweise sich großzügig eingesetzt haben, damit wir diese meine Pastoralreise
realisieren konnten.
Liebe Schwestern und Brüder,
Ich bin gekommen,
um mit euch Freude und Hoffnung zu teilen, Mühen und Verpflichtungen, Ideale und Streben
dieser Ortskirche. Ich weiß wohl, dass es auch in Sulmona nicht an Schwierigkeiten
fehlt, an Problemen und Sorgen: ich denke besonders an alle, die ihr Leben unter prekären
Bedingungen leben, aus Gründen der Arbeitslosigkeit, der Unsicherheit der Zukunft,
des physischen und moralischen Leidens, und - wie es euer Bischof gesagt hat - des
Verlustes auf Grund des Bebens von 2009. Allen möchte ich meiner Nähe versichern,
und meines Gedenkens im Gebet, während ich euch gleichzeitig ermutige, fest zu stehen
im Zeugnis für die menschlichen und christlichen Werte, die so tief im Glauben und
in der Geschichte dieser Gegend und seiner Bevölkerung verwurzelt sind.
Liebe
Freunde! Mein Besuch erfolgt anlässlich des von den Bischöfen der Abruzzen ausgerufenen
Jubiläumsjahres anlässlich des achthundertsten Geburtstages des heiligen Pietro Cölestin.
Im Flug über eure Heimat habe ich die Schönheit der Landschaft und vor allem die dem
Leben dieser bedeutsamen Person verbundenen Orte bewundert: den Monte Morrone, wo
Pietro für lange Zeit als Eremit lebte; die Einsiedelei Co Sant‘Onofrio, wo er 1294
die Nachricht seiner Wahl zum Papst erhielt, die vom Konklave in Perugia kam; die
Abtei vom Heiligen Geist, deren Altar von ihm nach seiner Inthronisation geweiht wurde,
die in der Basilika von Collemaggio in l‘Aquila stattgefunden hatte. In dieser Basilika
habe ich selbst, im April letzten Jahres nach dem Erdbeben, das die Region verwüstet
hatte, die Urne mit den Überresten des Heiligen verehrt und mein Pallium niedergelegt,
das ich zu Beginn meines Pontifikats erhalten habe.
Es sind gut 800 Jahre vergangen
seit der Geburt des heiligen Pietro Cölestin V., aber er wird in der Geschichte der
Wechselfälle seiner Zeit vor allem wegen seiner Heiligkeit erinnert. Die Heiligkeit
verliert nie die Anziehungskraft, fällt nie in Vergessenheit, kommt nie aus der Mode,
und - trotz der Wechsel der Zeiten - glänzt sie immer in hellem Licht, die Orientierung
des Menschen auf Gott hin ausdrückend. Aus dem Leben des heiligen Pietro Cölestin
möchte ich deswegen einige Lehren erinnern, die auch in unseren Tagen noch gültig
sind.
Pietro Angelerio war von Jugend an ein „Gottsucher“, ein Mensch, der
die Antworten auf die großen Fragen suchte: wer bin ich, von wo komme ich, warum lebe
ich, wozu lebe ich? Er machte sich auf den Weg der Suche nach Gott und, um diese Stimme
zu hören, beschloss er, sich von der Welt zu trennen und als Eremit zu leben. Die
Stille wurde so zu einem alltäglichen Teil seines Lebens. Und in der äußeren Stille,
aber mehr noch in der inneren, hat er die Stimme Gottes gehört, die seinem Leben Orientierung
geben konnte. Hier ist ein erster wichtiger Aspekt für uns: wir leben in einer
Gesellschaft, in der jeder Ort, jeder Moment zugeschüttet wird von Initiativen, von
Aktivität, von Lärm; Oft gibt es keine Zeit für das Hören und für das Gespräch. Liebe
Schwestern und Brüder, haben wir keine Angst vor der Stille um uns und in uns, wenn
wir fähig sein wollen, nicht nur die Stimme Gottes zu hören, sondern auch die der
Menschen um uns herum, unserer Nächsten.
Aber es ist auch wichtig, ein zweites
Element zu unterstreichen: das Finden des Herrn, das Pietro Angelerio gelang, war
nicht das Ergebnis seiner eigenen Anstrengung, sondern wurde möglich durch die Gnade
Gottes selbst, die von ihm kommt. Was er hatte, was er war, kam nicht von ihm: es
wurde gegeben, es war die Gnade, und es wurde somit Verantwortung vor Gott und vor
den anderen. Unser Leben mag sehr verschieden sein, aber auch für uns gilt dasselbe:
alles Wichtige unseres Lebens ist uns gegeben ohne unser Zutun. Die Tatsache, dass
ich lebe, hängt nicht von mir ab. Die Tatsache, dass ich Menschen habe, die mich in
das Leben eingeführt haben, die mir beigebracht haben, was es heißt, zu lieben und
geliebt zu werden, die mir den Glauben gegeben haben und mir den Blick auf Gott geöffnet
haben: Gott sieht dies vor und in jedem einzelnen Leben können wir leicht in allem
Schönen und Guten seine Gnade erkennen, wie einen Schein seiner Güte. Deswegen
müssen wir aufmerksam sein und die inneren Augen immer offen haben, die Augen unseres
Herzens. Und wenn wir lernen, Gott durch seine unendliche Güte kennen zu lernen, sind
wir auch fähig, mit Staunen in unserem Leben - wie die Heiligen - die Zeichen Gottes
zu sehen, der immer nahe ist, der immer gut ist zu uns und der uns sagt: „Glaubt an
mich!“
In der inneren Stille, in der Wahrnehmung der Anwesenheit Gottes, ist
in Pietro Morrone ebenfalls eine lebendige Erfahrung der Schönheit der Schöpfung gereift,
dem Werk der Hände Gottes: er konnte in ihr einen tiefen Sinn entnehmen, er respektierte
ihre Zeichen und Rhythmen, er nutze sie für das, was das Leben ausmacht. Ich weiß,
dass diese Ortskirche, wie auch die anderen der Abruzzen und von Molise, aktiv sind
für die Sensibilisierung für die Förderung des Gemeinwohls und der Bewahrung der Schöpfung:
ich ermutige euch in euren Anstrengungen, ich ermahne alle, sich verantwortlich für
die eigene Zukunft zu fühlen, wie auch für die der Nächsten, und die Schöpfung zu
respektieren und zu bewahren, die Frucht und das Zeichen der Liebe Gottes.
In
der zweiten Lesung aus dem Brief an die Galater haben wir einen wunderbaren Ausdruck
des heiligen Paulus gehört, die auch ein wunderbares geistliches Portrait des heiligen
Pietro Cölestin ist: „Ich aber will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres
Herrn, rühmen, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt.“ Das Kreuz
war wirklich das Zentrum seines Lebens, es gab ihm die Kraft für die Anstrengung um
den harten Bußen und den schwierigsten Momenten zu begegnen, von Jugend an bis zur
letzte Stunde: er wusste immer, dass von ihm die Rettung kommt. Das Kreuz gab dem
heiligen Pietro Cölestin ein klares Wissen um die Sünde, immer begleitet von einer
ebenso klaren Einsicht in die unendliche Barmherzigkeit Gottes für seine Geschöpfe.
Die ausgestreckten auseinander gerissenen Arme seines gekreuzigten Gottes sehend,
wusste er sich getragen vom unendlichen Meer der Liebe Gottes. Als Priester, hat er
die Erfahrung gemacht von der Schönheit, Verwalter dieser Barmherzigkeit zu sein,
indem er den Sündern die Sünden vergab, und, als er auf den Stuhl des Apostels Petrus
berufen wurde, wollte er einen besonderen Ablass geben, La Perdonanza genannt. Ich
möchte die Priester ermahnen, überzeugende und glaubwürdige Zeugen zu sein für die
Gute Nachricht der Versöhnung mit Gott, dem Menschen heute helfend, die unendliche
Freude zu erfahren, von der der Prophet Jesaja in der ersten Lesung spricht.
Ich
schließe mit dem letzten Element: der heilige Pietro Cölestin, obwohl er ein Leben
als Eremit lebte, war nicht in sich selbst abgeschlossen, sondern war im Bleiben beim
Herrn, im Gebet, wie es im heutigen Evangelium berichtet wird: das erste Gebot ist
immer das Gebets zum Herrn. Und erst nach dieser Einladung nennt Jesus seinen Jüngern
einige wichtige Gebote: die klare, offene und mutige Verkündigung - auch in den Momenten
der Verfolgung - ohne weder der Mode noch der Gewalt nachzugeben; die Abkehr von der
Beschäftigung mit den Dingen der Welt - dem Geld oder der Kleidung - und das Vertrauen
in die Vorsehung des Vaters; die Sorge und Aufmerksamkeit besonders für die körperlich
und geistig Kranken. Dies sind die Merkmale der missionarischen Aktivität der Kirche
zu jeder Zeit.
Liebe Schwestern und Brüder! Ich bin mitten unter euch,
um euch im Glauben zu stärken. Ich möchte euch ermahnen, mit Kraft und Zuneigung,
in dem Glauben fest zu stehen, den ihr empfangen habt, der dem Leben Sinn gibt und
die Kraft zu lieben. Es begleite euch auf diesem Weg das Beispiel und die Fürsprache
der Mutter Gottes und des heiligen Pietro Cölestin. Amen!