D: Wulff oder Gauck? Die Kandidaten zu Kirche und Gesellschaft
Wer wird Deutschlands
nächster Bundespräsident? An diesem Mittwoch werden wir es wissen. Die beiden Spitzenkandidaten,
Christian Wulff und Joachim Gauck, vertreten zwei verschiedene politische Koalitionen;
es gibt aber auch Gemeinsamkeiten - beispielsweise in Sachen Religion. Beide betonen
die Bedeutung der Kirchen für Deutschland. Der schwarz-gelbe Kandidat Wulff sieht
sich als „Pontifex“ – also Brückenbauer.
„Ich möchte für Vertrauen werben.
Ich möchte Brücken bauen zwischen Bürgern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur,
um Anschlüsse zu geben, damit wir gemeinsam Lösungen finden für die großen Probleme
unseres Landes. Ich möchte auch an die Verantwortung appellieren, auch Fehlverhalten
einzelner – von Eliten beispielsweise – zu kritisieren, damit wir insgesamt zu einer
größeren Verantwortlichkeit kommen.“
Deutschland ist auf dem Weg in eine
säkularisierte Gesellschaft. Ein Drittel der Menschen gehört keiner Religion an. Dazu
der von der SPD und den Grünen nominierte Gauck:
„Ich komme aus einer Gesellschaft,
die sich zwar unter Schmerzen, aber doch daran gewöhnt hat, dass die Christen in der
Minderheit sind. Mich erschrecken Minderheitensituationen nicht mehr. Die Kirchen
in Deutschland haben eine eigentümliche Erfahrung gemacht, nämlich dass Dinge, die
man sich nicht wünscht, nämlich in eine Minderheit zu geraten, uns nicht um unseren
Kern, unsere Kraft, unseren Inhalt und unsere Glaubwürdigkeit gebracht haben. So dass
wir vielleicht eine Erfahrung in diese sich mehr und mehr säkularisierende Gesellschaft
einbringen können: Dass die Treue zu unseren Werten auch dann nicht in Frage gestellt
wird, wenn wir in die Minderheit geraten.“
Hinzu käme
noch eine weitere Herausforderung, so Gauck. „Wenn man durch die
Familientraditionen oder durch klassische Formen der Glaubensübermittlung nicht mehr
in Mehrheiten vorstoßen kann, brauchen wir Phantasie und einen, nun ja, Glaubensmut,
der nicht meint, dass die Angst der beste Ratgeber ist. Es ist wie in der Politik.
Wer sich fürchtet, kann zweierlei tun. Sich ängstlich um Reste, um das Dogma versammeln
– oder die alten Geschichten innovativ erzählen und einfach durch seine Beziehung
zu den mit ihm Lebenden zeigen: Ich lebe aus einer Kraft, die mich bisher nicht verlassen
hat. Aus ganz anderen als menschlichen Quellen. Das wird immer einladend wirken. Deshalb
sind mir auch Strategien der Angst suspekt. Sie haben auch nichts mit unserem Glauben
zu tun. Der christliche Glaube lebt eben von einem ungeheuren Ja, das er sogar gegen
die Evidenz des Todes ausspricht. Weil es eine andere Ratio gibt, als die des Rechnens,
bedarf es der Ratio des Vertrauens.“
An Christian Wulff wird sein Alter
kritisiert. Er sei zu jung für dieses Amt. Dagegen wehrt sich der Niedersache.
„Für
mich hätte das einen großen Reiz, wenn der zehnte Bundespräsident aus der mittleren
Generation käme. Ich habe schulpflichtige Kinder. Meine Frau hat Erfahrung, auch als
Alleinerziehende, bei der Vereinbarung von Beruf und Familie sowie Kind und Karriere.
Damit stünde man mitten im Leben – inmitten der ganz besonderen Erfahrungen und Alltagssorgen
von Bürgerinnen und Bürgern.“