Das vatikanische Staatssekretariat hat die gestrige Polizeiaktion in Brüssel scharf
kritisiert. Damit sei ein Vertrauensbruch entstanden, schreibt das Staatssekretariat
in einer Note an diesem Freitag. Dem belgischen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Charles
Ghislain, wurde die „tiefe Verwunderung“ des Vatikan auch persönlich mitgeteilt.
Die katholische Kirche verurteile jegliche Missbrauchsfall und versichere ihre Zusammenarbeit
mit der Justiz, hieß es in der Note. Jedoch sei man tief verwundert über die Art einiger
Massnahmen sowie die Verletzung der Gräber der früheren Brüsseler Kardinäle Jozef-Ernest
Van Roey und Leon-Joseph Suenens. Bei der Razzia sind unter anderem vertrauliche Akten
beschlagnahmt worden, die eigentlich der Aufklärung und damit für die Opfer eingesetzt
werden sollten. Der Vorsitzende der unabhängigen Kommission zur Untersuchung der
Missbrauchsfälle in Belgiens Kirche, Peter Adriaenssens, protestierte ebenfalls gegen
die Polizeiaktion. Bei Ermittlungen wegen Kindermissbrauchs durchsuchte die Polizei
am Donnerstag Büros im bischöflichen Palast des Erzbistums Brüssel-Mechelen. Adriaenssens
erklärte, es gebe mit der Staatsanwaltschaft eine Absprache über die Vertraulichkeit
der Unterlagen. Der Kommissionsvorsitzende wurde von Belgiens Kirche als unabhängiger
Aufklärer der Fälle eingesetzt. Das Erzbistum Mechelen-Brüssel ist Zentrum der katholischen
Kirchenprovinz Belgien. Erzbischof André-Joseph Léonard ist seit Januar Oberhirte
des Bistums und auch Vorsitzender der belgischen Bischofskonferenz. Er ist der Nachfolger
von Godfried Danneels.