D: Weltweites Forschungsprojekt gegen Wassermangel
„Um Wasser wird es
Kriege geben“, davor warnte Boutros Boutros-Ghali, der ehemalige UN-Generalsekretär,
bereits 1990. In zahlreichen Regionen der Erde ist eine Wasserkrise bereits akut und
die Lebensgrundlage der Menschen dort bedroht. Wie sieht ein nachhaltiges Wassermanagement
aus? Mit dieser Frage beschäftigen sich weltweit Forscher unterschiedlicher Fachrichtungen
in einem neuen Projekt. Zu dem Kreis gehört auch Johannes Wallacher. Er ist Professor
für Sozialwissenschaften und Wirtschaftsethik an der Hochschule für Philosophie der
Jesuiten in München.
„Es werden vermutlich keine Kriege
allein um Wasser geführt werden, weil Konfliktfaktoren immer mehrere Dimensionen haben,
aber bei bestehenden Konfliktlagen, wie im Nahost-Konflikt etwa, kommt diese knappe
Ressource Wasser natürlich als weiterer erschwerender Konfliktfaktor mit hinzu.“
Gerade
einmal drei Prozent des weltweit verfügbaren Wassers ist Süßwasser, doch das ist nach
Meinung von Wallacher oft nicht die Ursache für eine Wasserkrise. Er kritisiert vielmehr:
„Dass
in vielen Regionen, wo Wasser sehr knapp ist, Wasser verschwendet wird durch die Art
und Weise, wie man die Wasserversorgung dort sichert. 70 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs
werden für die Landwirtschaft verwendet, auch in Regionen, die über wenig Wasser verfügen.
In Ägypten wird Wasser etwa hoch subventioniert, kostenlos zur Verfügung gestellt
für den Anbau in vielen Bereichen. Das ist eine äußerst ineffiziente Wassernutzung,
die mit zum Wassermangel beiträgt.“
Hinzu kämen oftmals
marode Wasserleitungen. Durch diese Leitungen ginge gerade in den Metropolen der Entwicklungsländer
sehr viel Wasser verloren. Andernorts reichten hygienische Standards nicht aus, das
Wasser sei nicht einwandfrei trinkbar. Wie lässt sich das Problem des Wassermangels
nachhaltig und ethisch verträglich in den Griff bekommen? Die Beteiligten des Forschungsprojekt
wollen dazu in den nächsten drei Jahren verschiedenen Krisenregionen miteinander vergleichen
und zwar auf technischer, ökonomischer, rechtlicher und soziokultureller Ebene. Wallacher
ist mit seinen Kollegen von der philosophischen Fakultät an der Münchner Hochschule
zu einer ethischen Bewertung aufgerufen. Als Schlagwort der Zukunft nennt er den „virtuellen
Wasserhandel“, dieser werde immer bedeutender:
„Zum
Beispiel, wie ist der virtuelle Wasserhandel zu bewerten? Das ist der Aspekt der Wassernutzung,
der in allen weltweiten Produkten eine Rolle spielt. Wenn sie heute eine Apfelsine,
die in Tunesien oder in Israel produziert wird, konsumieren, dann konsumieren sie
damit eine riesige Wassermenge, die dort für die Wasserherstellung von Apfelsinen
in der Bewässerung eingesetzt wird. Und eine dieser Fragen ist zum Beispiel: Welche
Rolle kann auf Dauer der virtuelle Wasserhandel spielen, um die regional unterschiedlichen
Angebote und Nachfragen von Wasser auszugleichen?“
Wallachers
Ziel ist es, in dem Forschungsprojekt Ansätze einer „Wasserethik“ zu entwickeln. Wie
lässt sich die Ressource Wasser effizient nutzen, aber wie können auch gleichzeitig
wirtschaftliche Anreize geschaffen werden, sparsam mit Wasser umzugehen? Eine weitere
Frage: Wie stellt man sicher, dass vor allem auch die Ärmsten der Armen einen Zugang
zu einwandfreiem Wasser haben? Ziel des Forschungsprojektes ist es, der Politik weltweit
Vorschläge für eine Änderung im Wassermanagement zu unterbreiten. Einen kleinen Beitrag
kann aber auch jeder Einzelne leisten – nicht unbedingt mit der Abwägung zwischen
einer langen oder kurzen Dusche, sondern schon beim Einkauf:
„Das
ist ein Irrglaube, dass wir sagen, wir könnten im Grunde eine ethische Verpflichtung
hier ableiten, dass wir hier Wasser sparen und das wäre ein Beitrag für die Lösung
in den Regionen, in denen Wasser knapp ist. Da spielt der Handel schon eine sehr viel
größere Rolle: Wo kaufe ich Produkte? Südfrüchte? Trinke ich Orangensaft, der natürlich
einen erheblich höheren Wasserverbrauch hat als der Apfelsaft, den ich aus heimischen
Äpfeln produzieren kann… Das alles macht einen deutlichen Unterschied, aber nicht,
wie lange ich unter der Dusche stehe.“