2010-06-25 11:19:55

D: Weltweites Forschungsprojekt gegen Wassermangel


RealAudioMP3 „Um Wasser wird es Kriege geben“, davor warnte Boutros Boutros-Ghali, der ehemalige UN-Generalsekretär, bereits 1990. In zahlreichen Regionen der Erde ist eine Wasserkrise bereits akut und die Lebensgrundlage der Menschen dort bedroht. Wie sieht ein nachhaltiges Wassermanagement aus? Mit dieser Frage beschäftigen sich weltweit Forscher unterschiedlicher Fachrichtungen in einem neuen Projekt. Zu dem Kreis gehört auch Johannes Wallacher. Er ist Professor für Sozialwissenschaften und Wirtschaftsethik an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in München.

 
„Es werden vermutlich keine Kriege allein um Wasser geführt werden, weil Konfliktfaktoren immer mehrere Dimensionen haben, aber bei bestehenden Konfliktlagen, wie im Nahost-Konflikt etwa, kommt diese knappe Ressource Wasser natürlich als weiterer erschwerender Konfliktfaktor mit hinzu.“

 
Gerade einmal drei Prozent des weltweit verfügbaren Wassers ist Süßwasser, doch das ist nach Meinung von Wallacher oft nicht die Ursache für eine Wasserkrise. Er kritisiert vielmehr:

 
„Dass in vielen Regionen, wo Wasser sehr knapp ist, Wasser verschwendet wird durch die Art und Weise, wie man die Wasserversorgung dort sichert. 70 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs werden für die Landwirtschaft verwendet, auch in Regionen, die über wenig Wasser verfügen. In Ägypten wird Wasser etwa hoch subventioniert, kostenlos zur Verfügung gestellt für den Anbau in vielen Bereichen. Das ist eine äußerst ineffiziente Wassernutzung, die mit zum Wassermangel beiträgt.“

 
Hinzu kämen oftmals marode Wasserleitungen. Durch diese Leitungen ginge gerade in den Metropolen der Entwicklungsländer sehr viel Wasser verloren. Andernorts reichten hygienische Standards nicht aus, das Wasser sei nicht einwandfrei trinkbar. Wie lässt sich das Problem des Wassermangels nachhaltig und ethisch verträglich in den Griff bekommen? Die Beteiligten des Forschungsprojekt wollen dazu in den nächsten drei Jahren verschiedenen Krisenregionen miteinander vergleichen und zwar auf technischer, ökonomischer, rechtlicher und soziokultureller Ebene. Wallacher ist mit seinen Kollegen von der philosophischen Fakultät an der Münchner Hochschule zu einer ethischen Bewertung aufgerufen. Als Schlagwort der Zukunft nennt er den „virtuellen Wasserhandel“, dieser werde immer bedeutender:

 
„Zum Beispiel, wie ist der virtuelle Wasserhandel zu bewerten? Das ist der Aspekt der Wassernutzung, der in allen weltweiten Produkten eine Rolle spielt. Wenn sie heute eine Apfelsine, die in Tunesien oder in Israel produziert wird, konsumieren, dann konsumieren sie damit eine riesige Wassermenge, die dort für die Wasserherstellung von Apfelsinen in der Bewässerung eingesetzt wird. Und eine dieser Fragen ist zum Beispiel: Welche Rolle kann auf Dauer der virtuelle Wasserhandel spielen, um die regional unterschiedlichen Angebote und Nachfragen von Wasser auszugleichen?“

 
Wallachers Ziel ist es, in dem Forschungsprojekt Ansätze einer „Wasserethik“ zu entwickeln. Wie lässt sich die Ressource Wasser effizient nutzen, aber wie können auch gleichzeitig wirtschaftliche Anreize geschaffen werden, sparsam mit Wasser umzugehen? Eine weitere Frage: Wie stellt man sicher, dass vor allem auch die Ärmsten der Armen einen Zugang zu einwandfreiem Wasser haben? Ziel des Forschungsprojektes ist es, der Politik weltweit Vorschläge für eine Änderung im Wassermanagement zu unterbreiten. Einen kleinen Beitrag kann aber auch jeder Einzelne leisten – nicht unbedingt mit der Abwägung zwischen einer langen oder kurzen Dusche, sondern schon beim Einkauf:

 
„Das ist ein Irrglaube, dass wir sagen, wir könnten im Grunde eine ethische Verpflichtung hier ableiten, dass wir hier Wasser sparen und das wäre ein Beitrag für die Lösung in den Regionen, in denen Wasser knapp ist. Da spielt der Handel schon eine sehr viel größere Rolle: Wo kaufe ich Produkte? Südfrüchte? Trinke ich Orangensaft, der natürlich einen erheblich höheren Wasserverbrauch hat als der Apfelsaft, den ich aus heimischen Äpfeln produzieren kann… Das alles macht einen deutlichen Unterschied, aber nicht, wie lange ich unter der Dusche stehe.“

 
(rv 24.06.2010 kk)









All the contents on this site are copyrighted ©.