2010-06-24 11:27:16

Ö: Bischöfe beschließen Maßnahmen gegen Missbrauch


RealAudioMP3 Österreichs Bischöfe haben ein umfassendes Paket an Maßnahmen und Regelungen zur Aufarbeitung und Prävention von Missbrauch und Gewalt in der Kirche beschlossen. Die neue Rahmenordnung gegen Missbrauch trägt den Titel „Die Wahrheit wird euch frei machen“. Sie wurde am Mittwoch vom Wiener Kardinal Christoph Schönborn der Presse vorgestellt, nach Abschluss der Sommervollversammlung der Oberhirten in Mariazell. Geregelt werden darin Entschädigungszahlungen für Missbrauchsopfer und Prävention.

Ombudsstellen und finanzielle Entschädigungen
Konkret sieht die Rahmenordnung eine österreichweit einheitliche Gestaltung der diözesanen Ombudsstellen vor. Diese sollen von unabhängigen Fachleuten geleitet werden, die ihre Tätigkeit weisungsfrei ausführen. Die Ombudsstellen sind für den Erstkontakt und eine erste Klärung von Verdachtsfällen sowie für die Rechtsberatung und Begleitung der Opfer zuständig. Sie übernehmen auch Therapiekosten für Opfer von Missbrauch. Kardinal Christoph Schönborn zu den weiteren finanziellen Maßnahmen:

„Wir haben gestern eine Stiftung Opferschutz errichtet, die die erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stellen soll, die möglichst rasch, unbürokratisch und menschlich angemessen helfen sollen. Die Zuweisungen von finanziellen Unterstützungen werden sich nicht nach dem richten, was der ein oder andere Rechtsanwalt in freier Initiative vorschlägt oder wünscht, sondern wir werden uns an das halten, was die unabhängige Opferschutzanwaltschaft uns in angemessener Weise empfiehlt.“

Die Zahlungen würden nicht aus dem Kirchenbeitrag finanziert, sondern in der Folge beim Täter oder bei einer verantwortlichen Institution eingefordert, präzisiert Schönborn.

Umgang mit mutmaßlichen Missbrauchstätern
Als Beispiel konkreter Prävention nannten die Bischöfe den Umgang mit mutmaßlichen Missbrauchstätern. Diese würden bei begründetem Verdacht bis zur endgültigen Klärung dienstfrei gestellt, und zwar „in enger Kooperation mit staatlichen Stellen“. Erhärte sich der Verdacht, empfiehlt die Ombudsstelle dem Opfer, Anzeige zu erstatten. „Die kirchlichen Leitungsverantwortlichen werden in solchem Fall den mutmaßlichen Täter zur Selbstanzeige auffordern. Besteht außerdem die Gefahr, dass durch den mutmaßlichen Täter weitere Personen zu Schaden kommen könnten, ist deren Schutz vorrangig. In diesem Fall wird auf Initiative der Kirche der Sachverhalt zur Anzeige gebracht“, stellten die Bischöfe klar.

Auch mit einer besseren Auswahl von Kirchenpersonal und einer effektiveren Aus- und Weiterbildung wolle man Missbrauch vorbeugen, hieß es weiter. Außerdem werde in jeder Diözese eine Stabsstelle „Kinder- und Jugendschutz“ eingerichtet, die Jugendlichen jeweils Orientierungshilfen gegen Missbrauch und Gewalt geben kann.

Missbrauchsskandal markiert „Neuanfang“
Insgesamt zogen die Bischöfe zum Abschluss ihrer Sitzung ein positives Fazit. Sie seien dankbar, dass die „Mauer des Schweigens aufgebrochen und der befeienden Wahrheit Raum gegeben wurde“, so die Oberhirten wörtlich: „Die Berichte der Opfer sind erschütternd. Gemeinsam mit Papst Benedikt XVI. bitten wir Gott und die betroffenen Menschen inständig um Vergebung und versprechen zugleich, dass wir alles tun wollen, um solchen Missbrauch nicht wieder vorkommen zu lassen." Kardinal Schönborn benannte den Missbrauchsskandal als Neuanfang:

„Der ganze Vorgang, den wir jetzt erleben, ist auch ein Prozess der Reinigung. Die Kirche hat sich in den letzten Monaten schon auch verändert, im Bewusstsein und in der Entschiedenheit, mit der wir hier vorgegangen sind. Und ich glaube, das ist auch international beachtet worden, dass wir in Österreich einen sehr klaren und entschiedenen Weg gehen. Und den werden wir sicher weitergehen. Es ist, wenn ich das große Wort gebrauchen darf, schon auch so etwas wie ein Neuaufbruch.“

Die neuen Vorgaben treten zum 1. Juli 2010 in Kraft. Sie gelten sowohl für hauptamtliche als auch ehrenamtliche Mitarbeiter und sollen bis spätestens zum 31. März 2011 in allen österreichischen Diözesen umgesetzt sein.


(kap 24.06.2010 pr)







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