Ö: Bischöfe beschließen Maßnahmen gegen Missbrauch
Österreichs Bischöfe
haben ein umfassendes Paket an Maßnahmen und Regelungen zur Aufarbeitung und Prävention
von Missbrauch und Gewalt in der Kirche beschlossen. Die neue Rahmenordnung gegen
Missbrauch trägt den Titel „Die Wahrheit wird euch frei machen“. Sie wurde am Mittwoch
vom Wiener Kardinal Christoph Schönborn der Presse vorgestellt, nach Abschluss der
Sommervollversammlung der Oberhirten in Mariazell. Geregelt werden darin Entschädigungszahlungen
für Missbrauchsopfer und Prävention.
Ombudsstellen und finanzielle Entschädigungen Konkret
sieht die Rahmenordnung eine österreichweit einheitliche Gestaltung der diözesanen
Ombudsstellen vor. Diese sollen von unabhängigen Fachleuten geleitet werden, die ihre
Tätigkeit weisungsfrei ausführen. Die Ombudsstellen sind für den Erstkontakt und eine
erste Klärung von Verdachtsfällen sowie für die Rechtsberatung und Begleitung der
Opfer zuständig. Sie übernehmen auch Therapiekosten für Opfer von Missbrauch. Kardinal
Christoph Schönborn zu den weiteren finanziellen Maßnahmen:
„Wir haben
gestern eine Stiftung Opferschutz errichtet, die die erforderlichen Geldmittel zur
Verfügung stellen soll, die möglichst rasch, unbürokratisch und menschlich angemessen
helfen sollen. Die Zuweisungen von finanziellen Unterstützungen werden sich nicht
nach dem richten, was der ein oder andere Rechtsanwalt in freier Initiative vorschlägt
oder wünscht, sondern wir werden uns an das halten, was die unabhängige Opferschutzanwaltschaft
uns in angemessener Weise empfiehlt.“
Die Zahlungen würden nicht aus dem
Kirchenbeitrag finanziert, sondern in der Folge beim Täter oder bei einer verantwortlichen
Institution eingefordert, präzisiert Schönborn.
Umgang mit mutmaßlichen
Missbrauchstätern Als Beispiel konkreter Prävention nannten die Bischöfe den
Umgang mit mutmaßlichen Missbrauchstätern. Diese würden bei begründetem Verdacht bis
zur endgültigen Klärung dienstfrei gestellt, und zwar „in enger Kooperation mit staatlichen
Stellen“. Erhärte sich der Verdacht, empfiehlt die Ombudsstelle dem Opfer, Anzeige
zu erstatten. „Die kirchlichen Leitungsverantwortlichen werden in solchem Fall den
mutmaßlichen Täter zur Selbstanzeige auffordern. Besteht außerdem die Gefahr, dass
durch den mutmaßlichen Täter weitere Personen zu Schaden kommen könnten, ist deren
Schutz vorrangig. In diesem Fall wird auf Initiative der Kirche der Sachverhalt zur
Anzeige gebracht“, stellten die Bischöfe klar.
Auch mit einer besseren Auswahl
von Kirchenpersonal und einer effektiveren Aus- und Weiterbildung wolle man Missbrauch
vorbeugen, hieß es weiter. Außerdem werde in jeder Diözese eine Stabsstelle „Kinder-
und Jugendschutz“ eingerichtet, die Jugendlichen jeweils Orientierungshilfen gegen
Missbrauch und Gewalt geben kann.
Missbrauchsskandal markiert „Neuanfang“ Insgesamt
zogen die Bischöfe zum Abschluss ihrer Sitzung ein positives Fazit. Sie seien dankbar,
dass die „Mauer des Schweigens aufgebrochen und der befeienden Wahrheit Raum gegeben
wurde“, so die Oberhirten wörtlich: „Die Berichte der Opfer sind erschütternd. Gemeinsam
mit Papst Benedikt XVI. bitten wir Gott und die betroffenen Menschen inständig um
Vergebung und versprechen zugleich, dass wir alles tun wollen, um solchen Missbrauch
nicht wieder vorkommen zu lassen." Kardinal Schönborn benannte den Missbrauchsskandal
als Neuanfang:
„Der ganze Vorgang, den wir jetzt erleben, ist auch ein Prozess
der Reinigung. Die Kirche hat sich in den letzten Monaten schon auch verändert, im
Bewusstsein und in der Entschiedenheit, mit der wir hier vorgegangen sind. Und ich
glaube, das ist auch international beachtet worden, dass wir in Österreich einen sehr
klaren und entschiedenen Weg gehen. Und den werden wir sicher weitergehen. Es ist,
wenn ich das große Wort gebrauchen darf, schon auch so etwas wie ein Neuaufbruch.“
Die
neuen Vorgaben treten zum 1. Juli 2010 in Kraft. Sie gelten sowohl für hauptamtliche
als auch ehrenamtliche Mitarbeiter und sollen bis spätestens zum 31. März 2011 in
allen österreichischen Diözesen umgesetzt sein.