Für den Vorsitzenden
der türkischen Bischofskonferenz, Bischof Luigi Padovese, war es eines der großen
Anliegen: Die Pauluskirche in Tarsus, also am Geburtsort des Völkerapostels, sollte
wieder eine richtige Kirche sein. Auch der deutsche Kardinal Joachim Meisner unterstützte
Padovese – der vor kurzem ermordet wurde – deutlich in diesem Wunsch. Nun hat das
Drängen der Kirche bei der Regierung in Ankara nur wenig Erfolg gehabt, meint Otmar
Oehring, missio-Menschenrechtsexperte und Türkei-Kenner:
„Es ist tatsächlich
nicht so, dass die Kirche an die katholische oder überhaupt an eine christliche Kirche
zurückgegeben worden ist. Allerdings – und das ist für türkische Verhältnisse durchaus
schon ein Erfolg – kann die Kirche von Pilgergruppen auch ohne Voranmeldung genutzt
werden; das war ja auch immer ein großes Problem. Doch müssen die Gruppen natürlich
weiterhin Eintritt zahlen für das Museum, das die Kirche nun mal ist; dann können
sie aber ihre Gottesdienste dort auch abhalten.“
Ähnlich zäh wird`s fast
immer, wenn sich die christliche Minderheit in der Türkei um eine Verbesserung ihrer
Lage bemüht. Oehring kann ein Lied davon singen. Allerdings hält er nichts davon,
hinter dem Mord an Bischof Padovese mehr zu sehen als die Tat eines Einzelnen.
„Ich
denke, dass man diese Geschichte des dramatischen Todes von Bischof Padovese in einem
anderen Licht sehen muss – und dass man das nicht vermengen darf mit der Frage, ob
dieser Tod einen nationalistischen oder islamistischen Hintergrund gehabt hat. Ich
denke, das sollte man losgelöst sehen, und glaube, der Heilige Vater hat das Richtige
gesagt, als er gleich nach dem schrecklichen Ereignis davon gesprochen hat, dass das
eine private, eine persönliche Angelegenheit gewesen sei. Dabei sollte man es belassen.
Alles andere führt nur zu Spekulationen, die wir jetzt gerade ja auch in verschiedenen
katholischen Medien in den letzten Tagen erlebt haben.“
Es ist der – wie
Padovese aus Italien stammende – türkische Bischof Luigi Franceschini, der in Interviews
angibt, der Mörder habe Padovese aus Hass auf das Christentum getötet. Franceschini
glaubt auch, dass die christlichen Pfarreien in Anatolien von fanatischen Moslems
unterwandert würden. Oehring glaubt das nicht:
„Die Türkei ist ein Land,
in dem man Verschwörungstheorien liebt, und offensichtlich fallen auch manche, die
dort schon lange leben, solchen Theorien anheim. Ich würde schon sagen, dass das etwas
merkwürdigt klingt, wenn jetzt behauptet wird, da hätte es Infiltrationen von islamischer
Seite gegeben – die einzelnen Gruppierungen, die einzelnen Gemeinden sind so klein,
dass es kaum vorstellbar ist, dass es tatsächlich islamistischen Gruppierungen gelungen
sein sollte, solche Gemeinden in dem Mass zu infiltrieren, dass man dann auch tatsächlich
bis hin zu einem Tötungsdelikt gelangen kann. Das glaube ich eigentlich nicht!“
Solche
Äußerungen und Spekulationen seien, so Oehring, „wenig hilfreich“ für die Christen
in der Türkei.