Eine gute Woche läuft die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden,
gut sieht es für die Bafana Bafana, also die Nationalmannschaft Südafrikas, nicht
aus. Trotzdem: Die Fußballbegeisterung ist ungebrochen, das ganze Land fiebert mit,
wer am Ende den Pokal mit nach Hause nimmt. Doch abseits der glitzernden Welt von
Stadien, Fanmeilen und Werbespektakeln zeigt sich die Zerrissenheit des Landes, in
dem rund ein Drittel der Bevölkerung in Armut lebt, 5,7 Millionen Menschen mit dem
HI-Virus infiziert sind und rund tausend Menschen täglich an AIDS sterben. Das
katholische Hilfswerk missio ist seit mehreren Jahren im „Hinterland“ Südafrikas aktiv.
Unter dem Dach der Erzdiözese Kapstadt sind eine Reihe von Projekten entstanden, die
von missio unterstützt werden. P. Eric Englert, Präsident von missio, war zu Beginn
der WM dort und hat diese Projekte besucht:
„Wir haben am Freitag das Township
Nyanga besucht, es ist das Township mit der größten Kriminalitätsrate in der Gegend
von Kapstadt. Dort waren wir in der Pfarrei St. Mary’s, ein Ort des Friedens, an dem
die Menschen, die dort ja sehr stark von Gewalt und anderen Problemen behaftet sind,
einen Hort der Ruhe und des Ausatmens bieten kann. Wir haben mit Jugendlichen gesprochen,
die uns das bestätigt haben. Sie kommen dort in die Pfarrei, nehmen teil an einem
Programm, das „Education for Life“ heißt, das ist ein Werteseminar oder eine Werteweiterbildung:
Sie beschäftigen sich mit ihrer Situation, drücken diese in ganz verschiedener Art
und Weise aus, sei es mit Theaterstücken, Musik, im Gespräch."
An niemandem
gehe die WM vorbei, selbst in den Townships hätte jeder die Möglichkeit, die Spiele
zu verfolgen, erzählt P. Englert. Die Hoffnungen der Ärmsten auf konkrete Verbesserungen
blieben jedoch gering:
„Das haben die Jugendlichen in Nyanga mir auch sehr
deutlich zum Ausdruck gebracht. Sie haben wörtlich gesagt „Unsere Situation wird sich
durch die WM nicht ändern, im Gegenteil, wir erleben, dass Dinge des täglichen Lebens
sogar teurer geworden sind, wir selber haben keinen Zugang zu Karten z.B., um zu Spielen
zu gehen. Wir erwarten von der WM keine Änderung unserer Situation, sondern das ist
etwas, was wir selber in die Hand nehmen können."
Was bleibt, ist die
Hoffnung, dass Südafrika durch die Fußball-Euphorie näher zusammenrückt, dass der
Stolz auf das gemeinsam Erreichte zur Einheit der „Regenbogennation“ führt:
„Mir
ist das sehr bewegend deutlich geworden, als am Vorabend der WM in Kapstadt vor dem
Rathaus die große Fanmeile eröffnet wurde. Da wurde ein Filmausschnitt gezeigt – Nelson
Mandela, wie er gerade aus dem Gefängnis entlassen wird, zur Nation spricht und sie
zur Einheit ruft. Das war ein Moment, wo die Vuvuzelas, die einem sonst die Ohren
volldröhnten, verstummt sind, die Menschheit bewegt dagestanden hat. Als die Filmsequenz
zu Ende war, sind alle in großen Jubel ausgebrochen. Das Streben, der Wille danach,
dass die Nation zusammenkommt, ist tatsächlich vorhanden und man kann sich nur wünschen,
dass das mehr und mehr Wirklichkeit wird."