D: Ex-Adveniat-Chef rätselt über Köhlers Rücktritt
Großer Zapfenstreich
in Berlin: Horst Köhler wird am Dienstagabend offiziell aus dem Schloss Bellevue verabschiedet.
Überraschend hatte der deutsche Bundespräsident Ende Mai seinen Rücktritt erklärt.
Essens emeritierter Weihbischof Franz Grave kennt Köhler noch aus seiner Zeit als
Adveniat-Chef. Beide verbrachten bei einer Reise nach Lateinamerika viele Flugstunden
miteinander.
„Diese Fahrt war eine gute Gelegenheit, um ein wenig genauer
seine Gedankenwelt und seine innere Wertewelt kennenzulernen. Ich kann aus dieser
Erfahrung sagen: Horst Köhler war einer, der etwas von den Finanzen und der Finanzsanierung
verstand. Er war einer, der wusste, das man das nicht nur unter ökonomischen Gesichtspunkten
tun kann, sondern das da auch Werte eine Rolle spielen.“
Über einen mangelnden
Respekt vor dem Präsidentenamt hatte sich Köhler in seiner Rücktritts-Erklärung beklagt.
Doch das war nicht der einzige Grund, vermuten Beobachter, zu denen auch Grave zählt.
„Umso
mehr bin ich über seinen plötzlichen Schritt erstaunt, dass er sozusagen im Handumdrehen
aus der politischen Verantwortung ausgestiegen ist. Das positive Persönlichkeitsbild
und diese Entscheidung passen für mich nicht ganz zusammen, so dass bei mir immer
noch die Frage existiert: Was sind denn nun eigentlich die wirklichen Gründe für seine
Entscheidung?“
Eine Fahnenflucht, das präzisiert der Gottesmann, wirft
er Köhler aber nicht vor:
„Also, das wäre eine Beurteilung, fast schon Verurteilung,
der ich mich nicht anschliessen würde... aber solche Gedanken steigen in mir auch
auf, dass in schwierigen Zeiten die Führungsverantwortung sich bewähren muss. Da ist
das Verlassen des Amtes natürlich alles andere als ein Zeichen von Führungsstärke,
sondern da kommt mir in den Sinn, dass einer vom Acker geht, um sich aus der Verantwortung
herauszuhalten und sie anderen zu überlassen.“