2010-06-14 14:21:59

Kirgistan: Auch Kirche leidet unter bürgerkriegsähnlichen Zuständen


RealAudioMP3 Im Süden Kirgistans herrscht Bürgerkrieg. Bei Zusammenstößen zwischen Kirgisen und Usbeken sind bisher über hundert Menschen getötet und mehr als 1.400 verletzt worden, zehntausende sind auf der Flucht in das Nachbarland Usbekistan. Es ist der schwerste ethnische Konflikt seit zwei Jahrzehnten. Auch die katholische Kirche des Landes ist betroffen; besonders in den beiden Städten Osch und Jalalabad. In Jalalabad sollen Banden Häuser gestürmt und Menschen auf offener Straße erschossen haben. Der Apostolische Administrator in Kirgistan, Bischof Nikolaus Messmer, erzählt im Interview mit uns:
„Wir haben Priester dort, genauer gesagt Jesuiten, die sehr unter dem Konflikt leiden. Wir beten, dass dort rasch wieder Friede herrscht. Wir rufen die Kirgisen auf, als Muslime in den Moscheen und als Christen in den Kirchen für Gerechtigkeit zu beten. Wir hoffen, dass Gott unser Land segnet und Auswege aus dieser Situation zeigt.“

Beobachtern zufolge sind die Auseinandersetzungen zwischen der einheimischen kirgisischen Bevölkerung und der usbekischen Minderheit auf Machtkämpfe lokaler krimineller Gruppen zurückzuführen. In Kirgistan ist die Grenze zwischen Politik und organisierter Kriminalität in den letzten fünf Jahren zunehmend verschwommen. Vor allem im Süden des Landes, durch den rauschgiftrouten von Afghanistan nach Europa führen, haben Kriminelle eine mächtige Position erlangt. Der Bischof:
„Es gab Provokationen von der Verwandtschaft und den Anhängern des ehemaligen Präsidenten Bakijews, die sich zwischen die Usbeken und Kirgisen gestellt haben. Einige usbekische Familien haben sich in der Krisenregion an unsere Jesuitenpatres gewendet und baten um Schutz.“

Durch gezielte Morde unter Kirgisen und Usbeken sollen die Unruhestifter die seit langem in Spannung lebenden Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufgebracht haben. Der ehemalige Präsident Kurmanbek Bakijew war im April gestürzt worden; von seinem Exil in Weißrussland erklärte er zuletzt, er habe mit der jüngsten Gewaltwelle im Süden Kirgistans nichts zu tun. Bischof Nikolaus Messmer:

„Was den Menschen hier am meisten fehlt, ist der fehlende Strom-, Gas- und Wasserzugang. Es fehlen schlichtweg Produkte. Sie hatten nirgendwo die Möglichkeit, Brot zu kaufen. Das hat mir der Pfarrer von Jalalabad gesagt. Heute hat mich Caritas USA angerufen und gefragt, wie sie helfen könnten. Im Moment ist der Zugang zu den Produkten ein Schwerpunkt für die Kirgisen in den Städten und Dörfern im Süden des Landes.“

Etwa die Hälfte der Bevölkerung im Südteil des Landes gehören der usbekischen Volksgruppe an; im ganzen Land sind es knapp 15 Prozent. Kirgistans Übergangsregierung hatte Russland mehrfach erfolglos um Militärhilfe gebeten. Mit eigenen Kräften werde Kirgistan der Lage nicht mehr Herr, so Interimspräsidentin Rosa Otunbajewa. Letzten Informationen zufolge erwägt Russland nun einen Einmarsch mit Friedenstruppen.

(rv/diverse 14.06.2010 pr/mg)







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