Fast 26 Jahre nach seiner Ermordung durch den kommunistischen Geheimdienst ist der
polnische Priester Jerzy Popieluszko seliggesprochen worden. Die Zeremonie nahm am
Sonntag, 6. Juni, in Warschau der Präfekt der vatikanischen Heiligsprechungskongregation,
Erzbischof Angelo Amato, vor. Rund 250.000 Gläubige nahmen bei strahlendem Sonnenschein
an dem feierlichen Gottesdienst auf dem Pilsudski-Platz im Stadtzentrum teil. Unter
ihnen war die 100-jährige Mutter Popieluszkos, aber auch rund 100 Bischöfe und die
höchsten Politiker des Landes. In dem von Amato verlesenen Seligsprechungsdekret von
Papst Benedikt XVI. heißt es, Popieluszko habe „beharrlich und unermüdlich Zeugnis
von Christus“ abgelegt. Zum kirchlichen Gedenktag des neuen Seligen bestimmte Benedikt
XVI. den 19. Oktober, den Todestag Popieluszkos. Er gilt als Symbolfigur des kirchlichen
Widerstands gegen die einstigen kommunistischen Machthaber in Warschau. In seinen
Predigten prangerte er die Menschenrechtsverletzungen des Regimes an und unterstützte
die verbotene Gewerkschaft und Freiheitsbewegung Solidarnosc.
100-jährige
Mutter mit dabei
Besondere Aufmerksamkeit bei der Feier fand die Mutter
des neuen Seligen, Marianna Popieluszko. Amato hieß sie eigens willkommen und sprach
mehrere Minuten mit ihr. Die Altarbühne war mit Popieluszkos Leitspruch „Besiege das
Böse durch das Gute“ geschmückt. Nach dem Gottesdienst soll eine Reliquie Popieluszkos
mit einer zwölf Kilometer langen Prozession zur Nationalkirche „Tempel der Göttlichen
Vorsehung“ im Außenbezirk Wilanow überführt werden. Unter den Gästen waren auch der
Präsident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, und der Solidarnosc-Gründer und Friedensnobelpreisträger
Lech Walesa. Auch alle polnischen Spitzenpolitiker wohnten der Zeremonie bei, darunter
das kommissarische Staatsoberhaupt Bronislaw Komorowski, Ministerpräsident Donald
Tusk und Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski. Popieluszko wurde 1984 von Agenten
des kommunistischen Geheimdienstes entführt und ermordet. Der Mord an dem 37-Jährigen
verstärkte den Widerstand der Bevölkerung gegen das Regime und trug damit zum Fall
des Kommunismus fünf Jahre später bei. In Polen wird Popieluszko schon lange als Nationalheld
verehrt. Bereits mehr als 18 Millionen Menschen besuchten nach einer offiziellen Schätzung
der Kirche sein Grab in Warschau.