Zypern: „Welt blickt auf letzte geteilte Region Europas“
Am frühen Freitagmorgen
bricht Papst Benedikt XVI. nach Zypern auf – als erster Papst besucht er die seit
über 30 Jahren geteilte Insel, auf der nahezu 80 Prozent orthodoxe Christen leben.
Zyperns Kirche ist seit 431 eigenständig, befindet sich aber in voller Glaubensgemeinschaft
mit anderen orthodoxen Kirchen. Höhepunkt der Papstreise ist neben Treffen mit Bischöfen,
Gläubigen und Politikern am kommenden Sonntag die Präsentation des Arbeitsinstrumentes
für die Nahostsynode, die im Oktober im Vatikan stattfinden wird. Die meisten Gläubigen
und Politiker der Mittelmeerinsel erhoffen sich von der Visite wichtige Impulse für
die Ökumene und nicht zuletzt einen positiven Effekt auf die heikle politische Lage.
Der Nordteil der seit 1974 geteilten Insel steht unter der Kontrolle der Türkischen
Republik Nordzypern, die nur von der Türkei anerkannt wird. Kann der schwelende Konflikt
durch den Papstbesuch abgekühlt oder gar gelöscht werden? Das hofft der Botschafter
der Republik Zypern beim Heiligen Stuhl, George Poulides. Im Interview mit unseren
italienischen Kollegen sagte er:
„Wir hoffen, dass der Papstbesuch die Aufmerksamkeit
der ganzen Welt auf unsere Insel zieht und auf die Bemühungen des zyprischen Präsidenten
um die türkisch-zyprische Gemeinschaft und darum, gemeinsam eine Lösung zu finden.
Die Worte des Papstes sind vor diesem Hintergrund äußerst wichtig.“
Den
besetzten Nordteil der Insel und die dort lebende muslimische Gemeinschaft wird der
Papst nicht besuchen. Er wird aber zu allen Bewohnern und Religionsgemeinschaften
sprechen. Da ist sich der Botschafter ganz sicher, bei dem Erinnerungen an bessere
Zeiten wach werden:
„Der Papst wird zu allen Zyprern sprechen (…). Er wird
von Frieden sprechen, und das interessiert uns alle. Wir wollen Frieden und eine Wiedervereinigung
für unsere Insel. (…) Es gab auf Zypern eigentlich nie religiöse Konflikte zwischen
Moslems, Orthodoxen, Katholiken und Armeniern. Wir lebten alle zusammen; in den Dörfern
wohnten ein Paar Türken und einige Griechen. Nach der Invasion der türkischen Armee,
mit mehr als 200.000 Flüchtlingen im Süden und dem Befehl an die türkischstämmigen
Zyprer, in die besetzten Gebiete zu gehen, haben sich die Dinge verändert. Viele der
türkischstämmigen Insulaner, von denen heute noch 70.000 im Nordteil leben, sind nach
Großbritannien, Amerika, Australien und Kanada ausgewandert.“
Die Teilung
der Insel erfolgte wohlgemerkt aus politischen, nicht religiösen Streitigkeiten. Sie
hatte insgesamt schlimme Folgen für die Gläubigen, wenn auch der türkisch kontrollierte,
muslimische Norden heute wirtschaftlich schlechter dasteht als der orthodoxe Süden.
Der Botschafter:
„200.000 Menschen, die zu Hause wie Flüchtlinge leben mussten,
haben ihre Häuser und ihren Besitz verloren. Im besetzten Norden wurden alle Kirchen,
Klöster und Friedhöfe zerstört oder man ließ sie verfallen. Dagegen wurden die Moscheen
und andere islamische Kultstätten in der Republik Zypern perfekt in Stand gehalten!“
Der
Papstbesuch in der Republik Zypern sei in den letzten Jahren Stück für Stück möglich
gemacht worden. Nach der herzlichen Einladung des Erzbischofs von Zypern, Chrysostomos,
bei einem Vatikanbesuch im Juni 2007 habe es viele weitere wichtige Begegnungen gegeben:
„Im
November 2008 hat die Gemeinschaft Sant’Egidio, die bei unserer Regierung und der
orthodoxen Kirche Zyperns zu Gast war, ihren Gebetstag auf Zypern abgehalten, mit
mehr als 3.000 Menschen. Im März 2009 war dann der neue Präsident der Republik Zypern,
Dimitri Christofias, zu offiziellem Besuch im Vatikan und hat Papst Benedikt eingeladen.
Und im Oktober 2009 traf sich die katholische und orthodoxe Kommission in Paphos.
Man sieht also, die Bedingungen für einen Papstbesuch sind über die letzten Jahre
hinweg entstanden.“