Zu der Berichterstattung über die Vorwürfe gegen Erzbischof Robert Zollitsch ein
Kommentar von unserem Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord.
Es sei eine
gute Zeit für Rücktritte. Dies war – sinngemäß – der Schlusssatz des Kommentars einer
deutschen Zeitung zu den am Mittwoch gemeldeten Vorwürfen gegen den Freiburger Erzbischof
Robert Zollitsch. Die Vorwürfe gegen ihn würden sein Amt beschädigen. Und dann folgt
die nicht sehr subtile Unterstellung, es sei sozusagen Saison für Rücktritte.
Abgesehen
davon, dass das nicht wirklich originell ist: Wenn wir in den Vorgängen der letzten
Monate etwas gelernt haben, dann doch wohl das, dass es sich lohnt, um der Wahrheit
willen genauer hinzuschauen. Der Kirche ist zu Recht vorgeworfen worden, dass sie
nicht immer und nicht überall genug getan habe, und diese bittere Lektion wurde gelernt.
Der Kirche ist auch vorgeworfen worden, sich zu sehr um den Ruf der Institution gekümmert
zu haben.
Nun darf ich aber fragen: Macht die mediale Öffentlichkeit nicht
dasselbe, wenn einem Verdacht, der sich bei genauem Hinsehen verflüchtigt, gleich
der Rücktrittsgedanke folgt? Ist das nicht ein Starren auf den Ruf einer Institution
oder in diesem Fall eines Bischofs, dessen Schaden zwar für einen, vielleicht zwei
Tage eine große Überschrift liefert, aber niemandem sonst, schon gar nicht der Wahrheit,
dient?
Wie gesagt, in den Missbrauchsfällen haben wir gelernt, genauer hinzuschauen.
Viele Dinge sind nicht das, was wir zu sehen meinen. Und nicht jede Schlagzeile ist
schon ein Hinweis auf die Wahrheit.
Eigentlich heißt es, dass man bis zum Beweis
der Schuld unschuldig ist. In der Öffentlichkeit ist das nicht so, so funktioniert
unsere Mediengesellschaft nun einmal.
Genau hinsehen, nicht sofort aus dem
Bauch heraus und nach vorgefertigten Urteilen sprechen und vor allem ein wenig Zeit:
Das braucht es, um den Geschichten einigermaßen gerecht zu werden.