Kardinal Kasper: Fortschritte im jüdisch-katholischen Dialog
Im jüdisch-katholischen Dialog sind nach den Worten von Kurienkardinal Kasper in den
vergangenen viereinhalb Jahrzehnten unerwartet große Fortschritte erzielt worden.
Man habe mehr erreicht, als nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil vorhersehbar war.
Das schreibt Kasper in einem Beitrag für die Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ von
diesem Dienstag. Zugleich sei jedoch noch ein weites gemeinsames Wegstück zur Aussöhnung
zurückzulegen. Die katholische Kirche fördere im Gegensatz zu einigen fundamentalistischen
evangelikalen Bewegungen keine institutionalisierte Judenmission, hob der Präsident
des Päpstlichen Einheitsrates hervor. Dies bedeute jedoch keineswegs, dass Christen
gegenüber Juden ihren Glauben nicht bezeugen dürften. Ein solches Zeugnis müsse allerdings
insbesondere angesichts der Schoah diskret und demütig sein und jeden Anschein von
Triumphalismus vermeiden, so der deutsche Kurienkardinal weiter Zudem gelte es, der
Überzeugung der jüdischen Partner mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen. Mit
Blick auf die Debatte über die Rolle Papst Pius' XII. in der Zeit von Faschismus und
Zweitem Weltkrieg bekräftigte Kasper, dass eine mögliche Seligsprechung des Pacelli-Papstes
keine historische Bewertung darstelle. Es handele sich vielmehr um eine geistliche
Entscheidung. Dieser liege die Frage zugrunde, ob der Papst seinem Gewissen gefolgt
sei und in seiner Situation das tat, was er für den Willen Gottes gehalten habe. Eine
mögliche Seligsprechung schließe daher weitere historische Forschungen nicht aus.
Auch sei es weiterhin legitim, zu der Einschätzung zu gelangen, dass andere in der
Situation des Papstes anders gehandelt hätten. Zugleich wies Kasper darauf hin, dass
der nationalsozialistische Antisemitismus zwar vom christlichen Antijudaismus begünstigt
worden sei, der Holocaust jedoch «nicht dem Christentum an sich „zugeschrieben“ werden
könne.