Christophias: „Zypern ist zu klein, um geteilt zu sein“
Auf Zypern wird Papst
Benedikt XVI. mit Spannung erwartet: Vom 4. bis 6. Juni wird das Kirchenoberhaupt
den südlichen Teil der Insel besuchen – der türkisch verwaltete Norden ist international
nicht anerkannt. Gerade nach dem Wahlsieg des national-konservativen Derviş Eroğlu
im türkischen Teil Mitte April scheint eine Wiedervereinigung wieder in weite Ferne
gerückt. Der griechisch-zypriotische Präsident Demetris Christophias (63) drängt jedoch
auf eine Fortsetzung der 2008 begonnenen Verhandlungen. Im Gespräch mit unserer Korrespondentin
Gabi Fröhlich gesteht der Regierungschef, dass er sich vom Papstbesuch auch eine politische
Signalwirkung erhofft.
Herr Präsident, Sie haben den
Papst persönlich nach Zypern eingeladen – was bedeutet sein Besuch für Sie?
„Es
wird ein historisches Ereignis, und zwar nicht nur für Zypern, sondern für die ganze
Region. Die große Mehrheit unserer Bevölkerung ist zwar orthodox, aber Seine Heiligkeit
bei uns zu begrüßen, ist für uns eine große Ehre und Freude. Er wird hier Menschen
treffen, die ihn und die katholische Kirche respektieren.“
Glauben
Sie, dass der Besuch des Papstes Einfluss auf die politischen Verhandlungen haben
kann?
„Solch ein Besuch ist ein Signal in Richtung
Türkei. Dort liegt der Schlüssel für die Lösung des Zypern-Problems – wenn Ankara
seine Haltung zu der Frage nicht ändert, gibt es keine Möglichkeit, das Problem zu
lösen. Ich respektiere die Vertreter des Nordens und verhandle mit ihnen, aber jeder
Zypriot weiß, dass hier ohne Erlaubnis der Türkei nichts passieren wird. Und so hoffe
ich, dass der Besuch Seiner Heiligkeit bei uns Einfluss auf die türkische Führung
haben wird.“
In Zypern leben unterschiedlichste Volksgruppen
friedlich miteinander, manche bezeichnen das Land deshalb als eine „Insel der Seligen“
– teilen Sie diese Ansicht?
„Zypern ist traditionell
ein Land mit offener Mentalität. Unser orthodoxer Erzbischof zum Beispiel, Chrysostomos
II., ist sehr engagiert in der Ökumene und hat enge Beziehungen zum Vatikan. Ich selbst
bin ein echter Internationalist – als solcher glaube ich fest an Freundschaft und
Brüderlichkeit innerhalb unserer multikulturellen Gesellschaft. Für mich sind etwa
Maroniten, Armenier oder westliche Katholiken keine Fremden, sondern Geschwister."
Und
trotzdem ist Zypern ein geteiltes Land...
„Leider
gibt es in unserem Land chauvinistische Kräfte, welche zusammen mit äußeren Mächten
diese unakzeptable, tragische Situation der Trennung geschaffen haben. Zypern ist
eine kleine Insel – zu klein, um geteilt zu sein. Aber sie ist groß genug, um allen
Bürgern, egal welcher Sprache, Religion oder Kultur, Platz zu bieten. Wir haben eine
gut funktionierende multikulturelle Gesellschaft. Wenn wir unser politisches Problem
lösen würden, könnte Zypern ein echtes Vorbild für seine Nachbarn und andere Staaten
in der Welt sein.“