P. Jaeger: „Beziehungen zu Orthodoxen auf Zypern sind gut!“
Wenige Tage vor Beginn
des Papstbesuches auf Zypern kommen auf einmal Störsignale aus der orthodoxen Kirche
auf der Insel. Der orthodoxe Bischof der zweitgrößten Stadt der Insel, Limassol, will
Benedikt boykottieren: Wer immer in dogmatischen Fragen von der orthodoxen Lehre abweiche,
der sei als Häretiker anzusehen, so Metropolit Georgios von Paphos. Heißt das, es
stimmt etwas nicht in den Beziehungen zwischen Katholiken und Orthodoxen auf Zypern? Nein,
im Gegenteil – die Kontakte und der Umgangston sind exzellent. Das sagt Pater David
Jaeger von der Kustodie des Heiligen Landes, die auch für die katholische Kirche auf
Zypern zuständig ist. „Die Beziehungen zwischen Katholiken und der orthodoxen
Kirche auf Zypern sind gut – es gibt keine besonderen Spannungen, soweit das Gedächtnis
zurückreicht. Was die Kirche im ganzen Nahen Osten betrifft, über Zypern hinaus, da
war der Umgang zwischen dem niederen orthodoxen Klerus bzw. den orthodoxen Gläubigen
und den Katholiken immer freundlich. Es hat im Nahen Osten nie diese Bitternis der
gewollten Spaltung gegeben, die wir seit dem späten 15. Jahrhundert im europäischen
Teil der Orthodoxie erlebt haben.“
Die Bitterkeit hatte viel damit zu tun,
dass Orthodoxe dem Westen vorwarfen, er habe nicht genug getan, um den Fall von Konstantinopel-Byzanz
zu verhindern. Dieser Fall ereignete sich nur wenige Jahre nach einer Beinahe-Wiederversöhnung
mit Rom; er traf eine orthodoxe Kirche, die vom Bosporus aus viele Missionserfolge
vorweisen konnte. Konstantinopel, das war der letzte Dominostein, der kippte; vorher
waren schon die alten orthodoxen Patriarchate Alexandrien, Antiochien und Jerusalem
unter islamische Herrschaft geraten.
„Die Ostkirchen des Nahen Ostens haben
sich zum Beispiell am Unionskonzil von Florenz 1439 beteiligt – sie haben die Union
sogar unterschrieben. Sie haben die Union dann auch nie willentlich verlassen; stattdessen
war es die veränderte Lage nach der türkischen Eroberung von Konstantinopel 1453,
die zur Auflösung der Kirchenunion führte. Es gibt also im Nahen Osten da keine Überreste
von Ressentiment gegenüber der katholischen Kirche – anders als das in Kleinasien
oder in Griechenland gewesen sein mag, wenn man an die Geschehnisse in Konstantinopel
1204 dachte oder an das Versagen der Fürsten – nicht des Papstes! – im katholischen
Europa, die dem belagerten Konstantinopel nicht zur Hilfe kamen.“
Die „Geschehnisse
von 1204“ – das meint die Erstürmung und Plünderung von Konstantinopel durch katholische
Ritter auf dem irregeleiteten Vierten Kreuzzug. Von dieser Schwächung hat sich die
alte Kaiser- und Patriarchenstadt bis zu ihrer Eroberung durch die Türken nicht mehr
richtig erholt. Doch wie Jaeger sagt: Orthodoxe in Nahost oder auf Zypern haben in
dieser Hinsicht nie anti-katholische Ressentiments gehegt.
„Also – die
Beziehungen sind gut, und wir haben allen Grund zu denken, dass der Besuch des Heiligen
Vaters auf Zypern sie vertiefen und stärken wird!“
Zumindest die Beziehungen
zur orthoxen Kirchenspitze: Denn natürlich denkt Erzbischof Chrysostomos II.
überhaupt nicht an einen Boykott der Visite. Er soll den „Abtrünnigen“ bereits aufgefordert
haben, seine Haltung zu korrigieren, weil ihm sonst sogar der Ausschluss aus der Bischofssynode
drohe. Die Gegner der Ökumene gelten auf Zypern als kleine, aber scharfe Minderheit.
Vor allem Mönche vom griechischen Berg Athos führten zuletzt Proteste gegen eine katholisch-orthodoxe
Annäherung an. Dort, auf dem Athos, erhielt auch der jetzige Bischof von Limassol
seine Ausbildung... (rv 28.05.2010 sk)