2010-05-29 12:29:45

D: Kirchenkritik an Berliner Urteil


RealAudioMP3 Ein muslimischer Gymnasiast darf sein Mittagsgebet nicht auf dem Schulgelände verrichten. Das gefährde den Schulfrieden, entschied das Berliner Oberverwaltungsgericht. Die Türkische Gemeinde begrüßt das Urteil. Die katholische Kirche hingegen zieht eine gemischte Bilanz. Einerseits erkenne man die Schwierigkeiten von Schulen an, den Wunsch von Schülern nach Gebetsmöglichkeiten mit dem eigenen Anspruch auf Neutralität vereinbaren zu müssen, so Stefan Förner, Sprecher des Erzbistums Berlin gegenüber dem Kölner Domradio. Man müsse aber auch „beten dürfen.“ Förner:


„Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das anders entschieden und die Religionsfreiheit an höchster Stelle gewichtet hat, sind wir überrascht. Das Oberverwaltungsgericht hat nun gesagt, man müsse hier eine Einschränkung der Religionsfreiheit in Kauf nehmen - zum Schutz anderer Verfassungsgüter. Das ist im Prinzip eine Umkehrung der Argumentation. Das kam unerwartet für uns, das kann man anders nicht sagen. Weil: Beten muss man dürfen.“ 

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg begründete sein Urteil unter anderem damit, dass die Erlaubnis für Ritualgebete für Schüler anderer Glaubensrichtungen oder für Nichtgläubige eine „Einschränkung“ bedeute.



„Man muss sehen: Warum betet jemand? Wenn man das jetzt mal ganz katholisch betrachtet, kann man immer und überall beten, ohne dass man sich groß erhebt oder niederkniet. Natürlich gibt es das kniende Gebet, das ist ein besonderes Gebet. Aber Beten kann man immer und überall, ohne einen besonderen Anlass. Und ohne die Stimme zu erheben. Es gibt natürlich schon den berechtigten Verdacht, dass es Schüler gibt, die mit diesem Gebet auch noch etwas anderes zum Ausdruck bringen wollen. Dass sie im Prinzip eine Provokation damit verbinden oder eine Art Missionierung - was man letztlich nie richtig nachweisen kann. Dass man das ernst nimmt, dass es auch innerhalb des Islams sehr unterschiedliche und konkurrierende Gruppen gibt, die es an dieser Schule auch gibt, dass das Gericht darauf eingeht - das muss man durchaus anerkennen.“ 

Weiter begründete das Gericht sein Urteil damit, dass die Inanspruchnahme der Religionsfreiheit in Form ritueller Gebete ein Konfliktpotential berge. Förner:



„Ich wäre vorsichtig optimistisch, dass man trotzdem den christlich-islamischen Dialog führen kann, der muss ja nicht nur an der Schule stattfinden. Sondern es gibt ja auch viele andere Begegnungsmöglichkeiten, wo das passieren kann. Auch unterschiedliche Ebenen. Gemeinsam Beten mit Muslimen können wir nicht, einen gemeinsamen Dialog führen, das können wir.“ 

Mit seinem Urteil habe das Oberverwaltungsgericht Berlin Ritualgebete ja nicht grundsätzlich verboten, sondern nur den Schulen das Recht zum Verbot eingeräumt.



„Die Frage ist, inwiefern so ein Raum dann angenommen werden kann, angenommen wird und wem er hilft. Das müsste konkret die Schule lösen. Ich habe den Eindruck: Wenn man den Schulen zutraut, sensibel mit dem Thema umzugehen, werden die in der jeweiligen Situation auch zu einer tragfähigen Lösung kommen. Man muss sehen, dass es hier bei dem Fall um eine Schule ging, die wirklich alle Religionsgemeinschaften an ihrer Schule hat. Es gibt ja ganz unterschiedliche Milieus, unterschiedliche Umgebungen, wo sich die religiöse Wirklichkeit der Gesellschaft anders darstellt.“ 

(domradio 29.05.2010 mg)








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