Der Heilige Geist
ist überall – das gilt auch für sein Symbol, die Taube. Das Federtier ist, mit Ausnahme
der Arktis und Antarktis, fast auf dem gesamten Globus vertreten. Auch wenn sich heute
immer mehr Leute über eine „Taubenplage“ beschweren - dieser Vogel ist für die Geschichte
von Religion und Kultur von zentraler Bedeutung.
Die Taufe Jesu
„In jenen Tagen kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und ließ sich
von Johannes im Jordan taufen. Und als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel
sich öffnete und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam. Und eine Stimme aus dem
Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“ (Mk
1,9-11)
Zur Taufe Jesu kommt der Heilige Geist in Taubengestalt. Besonders
für Christen ist die Taube als Symbol des Heiligen Geistes ein besonderer Vogel und
das nicht nur an Pfingsten, an dem Tag, an dem der Heilige Geist auf die Jünger Jesu
ausgegossen wurde. Schon im Alten Testament wusste Noah, der Erbauer der Arche, die
klugen Flugweltmeister zu nutzen. Er liess drei Tauben ausfliegen, um so die Höhe
der Sintflut zu testen. Die dritte kam mit einem frischen Ölzweig im Schnabel zurück,
dem Zeichen der Aussöhnung und des Friedens.
„Gegen Abend kam die
Taube zu ihm zurück, und siehe da: In ihrem Schnabel hatte sie einen frischen Olivenzweig.
Jetzt wusste Noach, dass nur noch wenig Wasser auf der Erde stand.“ (Gen 8,9)
In
der christlichen Kunst nahm die Seele die Gestalt der Taube an. Viele Kirchen sind
mit Mosaikfenstern geschmückt, die den Vogel zeigen. Bei passendem Lichteinfall oft
wunderschön anzusehen. Prominentes Beispiel: Das Alabasterfenster mit Taube ganz hinten
im Petersdom. Auch die Ikonographie stellt den Heiligen Geist als weiße Taube dar.
In
der Antike als Sinnbild von Sanftmut
Die Tauben-Symbolik ist kein rein
christliches Phänomen. Schon in der Antike war der Vogel Sinnbild von Sanftmut, Einfalt
und Unschuld. Man nahm damals an, dass die Taube keine Galle besitze und so frei sei
von allem Bösen und Bitteren. Als „Seelenvogel“ galt im alten Indien und bei einigen
germanischen Stämmen die Taube.
Die Taube ist aber auch ein Symbol
der Friedensbewegung. Anfang der achtziger Jahre erlebte sie eine regelrechte Wiedergeburt:
Sie prangte auf Aufklebern und T-Shirts. Auch heute kommt die Taube immer wieder als
Symbol der Versöhnung zum Einsatz. Bei Eröffnungen von Weltmeisterschaften oder Olympischen
Spielen steigen sie zu Tausenden in den Himmel.
Doch die Taube wird
ihrem friedlichen Ruf in der freien Natur nicht unbedingt gerecht. Unter Zoologen
gilt sie als gefräßig und neidisch. Unter den Tieren herrsche eine brutale Hackordnung,
meinen Verhaltensforscher. Auch klebt mittlerweile an ihnen der unschöne Ruf „Ratten
der Lüfte“. In den Städten setzten sie mit ihren Exkrementen historischen Gebäuden
ganz schön zu.
Symbol der Liebe
Kommen wir lieber zum
Symbol zurück: Die Taube steht nicht nur für Frieden und den Heiligen Geist – die
Liebe, sie bildet den letzten Teil der symbolischen Trias. Die Taube war die Gefährtin
der antiken Liebesgöttinnen Aphrodite und Venus. Auch das Hohelied kommt nicht ohne
sie aus. So wirbt Salomo um die Frau seiner Träume mit den Worten:
„Ich
schlief, doch mein Herz war wach. Horch, mein Geliebter klopft: Mach auf, meine Schwester
und Freundin, meine Taube, du Makellose! Mein Kopf ist voll Tau, aus meinen Locken
tropft die Nacht.“ (Hld 5,2)