Benedikt XVI.: Musik als Brücke zwischen Ost- und Westkirche
Musik ist Begegnung,
Dialog, Synergie zwischen Orient und Okzident, Tradition und Moderne. Das sagte Papst
Benedikt XVI. anlässlich eines ihm zu Ehren gegebenen Konzertes am Donnerstagabend
im Vatikan. Es war ein besonderer Abend, in mehrfacher Hinsicht: Orthodoxe Musik im
Zentrum der katholischen Weltkirche, als ganz persönliches Geschenk des russischen
Patriarchen Kirill I. an Papst Benedikt XVI. – anlässlich des fünfjährigen Pontifikates
des katholischen Kirchenoberhauptes.
Mit der Darbietung des russischen Nationalorchesters
und Moskauer Synodenchors – bei der u. a. russische Klassiker von Rachmaninow, Tschaikowski
und Rimski-Korsakow gespielt wurden – fand zugleich der Vatikanbesuch des Metropoliten
Hilarion seinen feierlichen Höhepunkt. Der Außenamtschef des Moskauer Patriarchats
war für zwei Tage zu Gesprächen in Rom; er traf unter anderem Kardinal Kasper, den
Präsidenten des Päpstlichen Einheitsrates, und Erzbischof Ravasi vom Kulturrat. Vor
dem Konzert verlas er ein Grußwort des Patriarchen Kirill in italienischer Sprache.
In den Jahren der Verfolgung der Kirche - zu Zeiten des russischen Kommunismus - seien
Musik und Kunst Verkünder des Evangeliums gewesen, hob Kirill darin hervor.
Es
war ein persönliches Geschenk: Die Symphonie mit dem Titel „Himmelfahrtsgesang“, stufenartig
auch im satten Klang der Streicher, Bläser und Chöre, entstammte nämlich der Feder
des Metropoliten Hilarion selbst. Er war Musiker, bevor er zum Geistlichen wurde.
Seine Matthäus-Passion, inspiriert an Johann Sebastian Bach, gilt als wegweisend für
die Musik des 21. Jahrhunderts; seine Musik schlägt eben jene Brücke zwischen Ost
und West, Tradition und Moderne, die der Papst in seiner Ansprache an das Konzertpublikum
beschwor.
„An eine solche Vision der Einheit und Harmonie Europas dachte
mein verehrungswürdiger Vorgänger Johannes Paul II., als er (…) von den beiden „Lungen“
sprach, mit denen es wieder zu atmen gilt. Er erhoffte sich damit ein neues Bewusstsein
um die tiefen und gemeinsamen kulturellen und religiösen Wurzeln des Kontinentes,
ohne die Europa heute ohne Seele wäre und einer beschränkten und oberflächlichen
Sichtweise aufsitzen würde.“
Diese gemeinsamen Wurzeln würden heute leicht
vergessen, so der Papst weiter, vor allem angesichts der Gefahren, die die Säkularisierung
mit sich bringe, wie Angriffe auf die Menschenwürde und eine Gesellschaft, die durch
Egoismus bestimmt sei:
„Die heutige Kultur, insbesondere die europäische,
läuft Gefahr, das außergewöhnliche Erbe des christlichen Glaubens schlichtweg zu vergessen,
auszublenden und zu verbannen. Dabei ist es doch das essenzielle tragende Gerüst dieser
Kultur, und nicht nur dieser. (…) Diese lebendigen und fruchtbaren christlichen Wurzeln
können und sollen heute eine neue Menschlichkeit inspirieren. Lassen wir Europa wieder
mit vollen Lungen atmen (…)!“
Mit beiden Lungen dürften alle Anwesenden
bei dieser Musik wohl geatmet haben. Davon zeugten der begeisterte Applaus und die
freundschaftliche Begrüßung zwischen Papst Benedikt XVI. und den Vertretern des Moskauer
Patriarchats. Das Konzert war Teil der „Tage der Kultur und der russischen Spiritualität“,
die am Mittwoch und am Donnerstag gemeinsam vom vatikanischen Einheitsrat, dem Kulturrat
und dem Moskauer Patriarchat im Vatikan organisiert wurden.