Vatikan: "Wir sind hier, weil wir eine Familie sind"
Ein Anblick, der Papst
Benedikt XVI. mit Sicherheit sehr glücklich gemacht hat. An diesem Sonntag hatten
sich auf der Piazza San Pietro rund 200.000 Gläubige versammelt, um den Papst zu zeigen,
dass sie auch in Krisenzeiten fest an seiner Seite stehen.
„Wir sind hier,
weil wir eine Familie sind. Die ganze Kirche ist aufgerufen, sich eng an den Papst
zu halten. Und das Schöne ist, dass nicht er uns zu sich rufen musste, wir sind alle
von uns aus gekommen, um ihn zu unterstützen. Auch wenn er es nicht nötig hat! - Denn
ich bin sicher, dass der Herr und der Heilige Geist mit ihm sind! Wir sind es, die
ihn brauchen in diesem Moment, der ja doch für uns alle schwierig ist.“ Zu
der Solidaritätsaktion hatten die Italienische Bischofskonferenz und mehr als sechzig
katholische Verbände aufgerufen. Von seinem Arbeitszimmer aus blickte der Papst in
ein Meer von Gesichtern. Luftballons in gelb-weiß, den Vatikanfarben, stiegen zwischen
den Bernini-Kolonaden auf. Viele Gläubige schwenkten Fahnen oder hielten Poster, auf
denen sie dem Papst Zuversicht zusprachen. Zum Beispiel stand da „Gemeinsam mit dem
Papst“ oder „Heiliger Vater, Du bist nicht allein“.
„Mein erster Dank
gilt heute den vielen Gläubigen, die aus ganz Italien angereist sind, und er geht
an Kardinal Angelo Bagnasco, der sie hierher als Präsident der Bischofskonferenz begleitet
hat. Ich danke euch von Herzen, liebe Schwestern und Brüder, für eurer wärmendes und
stärkendes Dasein. Ich danke euch für diese schöne und spontane Demonstration eures
Glaubens und eurer Solidarität.“ Unter den Gläubigen waren auch Politiker,
unter anderem Abgeordnete des italienischen Parlamentes. Vor dem Regina Caeli des
Papstes, das das Angelusgebet während der Osterzeit ersetzt, hatte Kardinal Angelo
Bagnasco auf dem Petersplatz einen Gottesdienst gehalten. Auf Leinwänden wurde die
Messe bis auf die Via di Conciliazione übertragen. Benedikt XVI. dankte Bagnasco am
Montag bei einer Privataudienz. Wie der Papst sich beim Anblick der vielen Gläubigen
fühlte, das beschrieb der Präsident der Italienischen Bischofskonferenz nach dem Zusammentreffen
so:
„Er war sehr zufrieden, völlig ungetrübt, dieses große Freudenfest
zu erleben, diese Nähe, das Gebet auf dem überquellenden Platz. In den Zeitungen war
ja die Rede von 200.000 Personen. Vorallem hat ihn auch gefreut, wie diese Menschenmenge
zusammengesetzt war, da waren große und kleine Familien mit ihren Kindern, die aus
ganz Italien gekommen waren. So ein großer Aufwand, nur um einen Moment unter dem
Fenster des Papstes zu stehen.“ Vor den vielen Gläubigen wiederholte Benedikt
XVI. am Sonntag nachdrücklich die Worte, die er auch in Portugal vor Journalisten
zum Missbrauchsskandal benutzt hatte. Zu einem großen Teil gehe es um einen Angriff
auf die Kirche, aber aus ihrem Inneren heraus.
„Der wahre Feind, den es
zu fürchten und zu bekämpfen gilt, ist die Sünde und das Böse, das manchmal leider
auch Mitglieder der Kirche ansteckt. Wir leben in der Welt, sind aber nicht von der
Welt; wir Christen haben keine Angst vor der Welt, müssen uns aber hüten vor ihren
Versuchungen. Wir sollten die Sünde fürchten und uns darum so gut wie möglich in Gott
verankern, um stark im Guten, in der Liebe und im Dienst zu sein… Mögen uns die Versuchungen,
die der Herr zulässt, dazu drängen, unseren eigentlichen Weg mit stärkerer Radikalität
und Kohärenz fortzusetzen, und beten wir für die Bekehrung der Herzen. Danke!“ (rv
19.05.2010 kk)