2010-05-20 14:14:55

Islamwissenschaftler: „Muslime müssen sich als Religionsgemeinschaft beweisen“


RealAudioMP3 Deutschlands Muslime brauchen eine verfassungsrechtliche Vertretung als Religionsgemeinschaft. Und sie müssen das Grundgesetz, wie etwa die Trennung von Staat und Religion, geschlossen akzeptieren. Daran erinnert der Islamwissenschaftler Ralph Ghadban im Interview mit uns - und zwar mit Blick auf die Deutsche Islamkonferenz (DIK), die in diesen Tagen zusammenkommt. Ghadban war einer der Experten der DIK-Arbeitsgruppe „Islamismus und Sicherheit“, der den Ausschluss des Islamrates aus der Konferenz empfahl. Die Vereinigung soll Gelder zugunsten radikaler Organisationen gewaschen haben. Der Migrationsforscher sagte im Gespräch mit Anne Preckel:



„Die Muslime müssen dem Gesetzgeber, den Gerichten, der Bevölkerung in Deutschland beweisen, dass sie religiöse Institutionen sind und keine politischen. Das ist bis heute nicht passiert. Und wenn sie wirklich religiöse Organisationen werden, setzt das voraus, dass ein Prozess der Säkularisierung bei ihnen stattgefunden hat, auch eine theologische Arbeit. Davon sind sie aber sehr weit entfernt. Der richtige Weg wäre der Rechtsweg, sie müssen die Anforderungen des Grundgesetzes erfüllen, dann werden sie als Religionsgemeinschaft anerkannt.“



Ein zweites Problem der Muslime in Deutschland sei organisatorischer Natur, so Ghadban. Die deutsche Politik müsse sich mit Verbänden auseinandersetzen, die jeweils unterschiedliche Richtungen des Islam verträten und untereinander uneinig seien. Darüber hinaus seien weit nicht alle Muslime in Verbänden organisiert. Die auf der aktuellen Islamkonferenz anwesenden Vereine könnten also nicht als Vertretung der 4 Millionen Muslime in Deutschland gelten, auch wenn sie Entscheidungsmacht hätten:

„Diese Organisationen vertreten im besten Fall 15 Prozent der Muslime. Wenn zwei Dachorganisationen ausfallen, ist das ein geringer, aber bedeutender Teil, weil diese Organisationen das Religiöse verwalten, das heißt, sie besitzen die Moscheen. Ich gehe davon aus, dass mit diesen beiden Dachverbänden 450 Moscheegemeinden ausgeschlossen werden.“



Nach Ausschluss des Islamrates von der Islamkonferenz durch das Bundesinnenministerium hatte der Zentralrat der Muslime in Deutschland seine Teilnahme aufgekündigt, aus Gründen der Solidarität. Er sehe die dringendsten Probleme der Muslime in Deutschland auf der Konferenz nicht behandelt, hieß es weiter, und vermisse die Themenbereiche Islamophobie und Rassismus. Schön und gut, so Ghadban - Hintergrund der Querelen sei aber ein ganz anderer:



„Es geht da um einen Machtkampf zwischen Verbänden, die Anspruch erheben, die Muslime zu vertreten, und zwischen dem Staat, der zu Ergebnissen kommen will und der Meinung ist, dass die Gespräche mit manchen Gruppen zu nichts führen, wie die Ergebnisse der ersten Islamkonferenz gezeigt haben.“



Die erste Deutsche Islamkonferenz fand im September 2006 in Berlin statt. Ein Ergebnis der regelmäßigen Sitzungen von Islamvertretern, deutschen Politikern und Experten war bisher die Gründung des Koordinierungsrates der Muslime. Mit dem Gremium wurde die Forderung der Bundesregierung nach einem Zusammenschluss der Muslime erfüllt. In Punkto Integration und Mitbestimmungsrechte müsse sich die Glaubensgemeinschaft jedoch noch stärker einbringen, so Migrationsforscher Ghadban. Er nennt als Beispiel den Islamunterricht an öffentlichen Schulen, der in Deutschland nur von Vertretern anerkannter Religionsgemeinschaften erteilt werden kann.



„Diese Erfahrung wurde in verschiedenen Bundesländern angefangen und zwar, weil die muslimische Gemeinschaft ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat, um als Religionsgemeinschaft anerkannt zu werden. Das hätte alle unsere Probleme gelöst. Aber sie weigern sich mit der Begründung, ein solcher Islamunterricht bedeute eine Verkirchlichung des Islam! Also da müssen die Muslime auf Verbandsebene noch gehörig Ballast abwerfen... Sie müssen ihre religiöse Zusammenarbeit organisieren, sich religiös besinnen, nicht politisch.“



(rv 20.05.2010 pr)








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