Der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, verspricht
sich vom Zweiten Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) einen Neuanfang. Es sei bei dem Treffen
in München auch darum gegangen, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, sagte Zollitsch
am Wochenende in München. Unser Mann vor Ort, Pater Bernd Hagenkord, fragte Zollitsch,
was ihn persönlich am meisten gefreut habe beim ÖKT.
„Mir hat der Eröffnungsgottesdienst
sehr zugesagt. Es kam dort eine schöne Botschaft rüber. Ich empfand das Podiumsgespräch
mit dem evangelischen Präses Schneider über die Frage der Ökumene als sehr angenehm.
Das hat mir Mut gemacht, weil ich gespürt habe, dass wir gemeinsam nach vorne schauen.
Das gemeinsame Zeugnis der Christen ist uns wichtiger als das, was uns trennt. Wir
sind keine Konkurrenten: Wir ziehen am gleichen Strang. Das habe ich beim Podiumsgespräch
der Wirtschaftsleute erlebt. Manager und Fachleute denken neu nach. Der Gewinn allein
ist nicht alles, es gibt noch andere Werte. Es geht um die Frage des Menschen, der
in der Wirtschaft tätig ist - das kommt jetzt in einer neuen Weise rüber in dieser
Krise. Das alles macht mir Hoffnung.“
Erzbischof Reinhard Marx hat vor Beginn
des Kirchentages gesagt, Wallfahrten und Papstbesuche seien wichtig, aber diskursive
Foren, wie beispielsweise der Kirchentag, seien auch wichtig. Mir scheint auch, dass
es zu einer Normalität in den ökumenischen Diskursen gekommen ist. Oder finden Sie,
dass es nur zu einem Schlaglicht gekommen ist, der alle sieben Jahre zum Vorschein
kommt?
„Wir dürfen auf dem Kirchentag das erleben, was uns verbindet. Das ist
gut so! Zugleich haben wir die Möglichkeit, in aller Ruhe und Sachlichkeit über das
zu sprechen, was uns trennt. Wir können die Dinge so formulieren, dass wir gleichzeitig
uns auch problemlos in die Augen schauen können. Das ist für mich wichtig, dass das
Gespräch zum gemeinsamen Anliegen wird. Die Querschläge sind dann auch viel leichter
zu ertragen. Wir werden trotz solcher Querschläge gemeinsam nach vorne schauen - das
ist für mich die Botschaft des ÖKT in München.“
Es gab natürlich auch Spannungen
und Emotionen und dieses immer nebenbei laufende Thema „Missbrauch“ und den damit
verbundenen Umgang. Die Strukturdebatte ist ja in diesen Tagen angesprochen worden.
Wie haen Sie diese Debatte hier auf dem Kirchentag wahrgenommen?
„Was ich beim
entsprechenden Forum wahrgenommen habe, ist ein ganzer Ernst und Heftigkeit sowie
die Emotionalität dieses Themas. Wenn ich mit den Teilnehmern des Kirchentages spreche,
so nehme ich das Thema anders wahr. Die Gläubigen sagen, sie hätten andere Fragen,
die sie beschäftigen würden, nämlich die Perspektiven auf die Zukunft und die Frage,
was der Glaube für uns überhaupt bedeutet. Mir wurde immer wieder gesagt, dass die
Kirchen und die Gesellschaft nüchtern und sachlich den Ursachen nachgehen und sich
um die Opfer kümmern sollen. Viele wollen natürlich auch wissen, wie wir solche Fehler
künftig verhindern können. Aber meine Erfahrung beim Kirchentag zeigt, dass die Fragen
der Zukunftsperspektiven den Großteil mehr bewegt als alle anderen Fragen. Das macht
mir Hoffnung.“