ÖKT: Merkel wünscht sich „selbstbewusste Christen“
Sie wünsche sich ein
offensiveres Auftreten von Christen in der Gesellschaft, das hat Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) beim Ökumenischen Kirchentag gesagt. An diesem Freitag war sie Rednerin
bei der Podiumsdiskussion „ Hoffnung in Zeiten der Verunsicherung – Gibt es eine Formel
für den gesellschaftlichen Zusammenhalt?“
„Liebe Kirchentagsbesucher, für
etwas kurzsichtige Menschen wie mich ist das hier eine riesige Halle, aber danke,
dass sie alle gekommen sind. Wir haben ja Glück, hier drin regnet es nicht.“ Es
lag bestimmt nicht nur an dem schlechten Wetter: Die Halle C 1 des Ökumenischen Kirchentagsgeländes
war schon lange bevor die Bundeskanzlerin den Saal betrat, überfüllt. 6.000 Menschen
waren gekommen, um diese Kernveranstaltung zu erleben und die Worte von Angela Merkel
zu hören. Was ist das Fundament, das unsere Gesellschaft zusammenhält?
„Unsere
Gesellschaft lebt von Voraussetzungen, die sie selber gar nicht schaffen kann und
eine dieser ganz wichtigen Voraussetzungen, die ist zweifelsohne das Christentum.
Das Christentum hat unser Land geprägt, unseren Kontinent, den ganzen europäischen
Kontinent (…) Ich sage nicht, dass man nicht anderswie auch darauf kommen kann, aber
bei uns in Deutschland ist man ganz klar durch das Christentum in diese Wertvorstellung
gekommen, das bedeutet, dass man weiß, Freiheit bedeutet nicht Freiheit von etwas,
sondern Freiheit bedeutet, die Freiheit von Gott gegeben zu bekommen durch seine Schöpfung
für etwas, sich für jemanden anderen einzusetzen, für eine Sache einzusetzen und das
ist vielleicht die wichtigste Quelle des Zusammenhalts.“ Hoffnung in Zeiten
der Verunsicherung, so war die Diskussionsrunde überschrieben. Als die Veranstalter
das Thema wählten, war ihnen nicht klar, wie sehr die Finanzkrise, die Situation in
Griechenland, die aktuelle öffentliche Debatte beschäftigen würde. Wie die neuen Rettungsschirme
der EU funktionierten, das versuchte Merkel zu erklären. Ebenso die Notwendigkeit
in Deutschland den Rotstift anzusetzen. Eine Herausforderung sei es dabei, den sozialen
Zusammenhalt und funktionierende Sozialsysteme zu garantieren. Die Bundeskanzlerin
forderte das Publikum dazu auf, die anstehenden Sparpläne zwar zu hinterfragen, aber
den Sparkurs mitzutragen.
„Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, dass wir noch
keinen abschließenden Plan haben, aber ich weiß nur eins, die Schuldenbremse verlangt
von uns, dass wir jetzt zwischen 2011 und 2015 ungefähr 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt
einsparen, das heißt jedes Jahr etwa 10 Milliarden. Da wird fast kein Bereich ausgenommen
sein, der gar nichts geben muss, nur Rasenmähermethode geht aber auch nicht.“ Merkel
machte klar, beschlossene Rentenauszahlungen und die eingeführten Erziehungszeiten
für Eltern seien davon ausgenommen. Sie appellierte an eine größere Eigenverantwortung
jedes Einzelnen. Allen würde geholfen, die Hilfe benötigten. Das ginge aber nur, wenn
diejenigen, die sich noch selbst helfen können, dies auch täten. Kritiker auf dem
Podium mahnten vor den Auswirkungen von Kürzungen. Merkel betonte, um das Sozialsystem
zu finanzieren, müsse der Staat gerade jene stärken, die durch ihr Steueraufkommen
Hilfen erst ermöglichten. - Zeiten der Verunsicherung, der Titel der Diskussion lässt
sich nicht nur auf die Finanzkrise münzen. Während des Kirchentages ist ein zentrales
Thema die Missbrauchskrise. Dazu sagte die deutsche Bundeskanzlerin:
„Mein
Wunsch wäre, den spüre ich aber auch in der katholischen Kirche, aber auch in den
anderen Bereichen, wo das vorgekommen ist, dass wir mit gutem Gewissen sagen können,
wir haben den Opfern, das wiedergegeben, was überhaupt nur möglich ist, nämlich wo
immer möglich Strafe zu haben und wo etwas passiert ist, aber auch gesellschaftliches
Mitgefühl für die, die das erleiden mussten.“ (rv/pm/kna 15.05.2010 kk)