Papst Benedikt XVI. hat sich in einem Grußwort an die Teilnehmer des 2. Ökumenischen
Kirchentags (ÖKT) in München gewandt. Mit Blick auf die Missbrauchsskandale rief er
zur „Freude trotz aller Drangsal“ auf – trotz der „Wirrnisse dieser Zeit“. Es gebe
„das Unkraut gerade auch mitten in der Kirche“, betonte Benedikt XVI. in einem Grußwort,
das der Münchner Erzbischof Reinhard Marx, am Mittwochabend bei der Eröffnung auf
der Theresienwiese verlas. Der Papst, der derzeit Portugal besucht, bezeichnete die
Kirche zugleich als „Ort der Hoffnung“. Hier lesen Sie das Schreiben von Benedikt
XVI. in Auszügen.
„’Damit ihr Hoffnung habt’, unter diesem Leitwort
habt Ihr Euch in München versammelt. Ihr wollt inmitten einer schwierigen Zeit ein
Signal der Hoffnung in die Kirche und in die Gesellschaft senden. Dafür danke ich
Euch sehr. Denn unsere Welt braucht Hoffnung, unsere Zeit braucht Hoffnung. Aber ist
die Kirche eigentlich ein Ort der Hoffnung? In den letzten Monaten sind wir mit immer
neuen Meldungen konfrontiert worden, die uns die Freude an der Kirche nehmen möchten,
sie als Ort der Hoffnung verdunkeln. (...)
Große und kleine Lichtgestalten
Der
Herr hat mit seinem Wort und mit der Hingabe seines Lebens wahrhaftig guten Samen
auf den Acker der Erde gesät. Er ist aufgegangen und geht auf. Wir brauchen dabei
nicht nur an die großen Lichtgestalten der Geschichte zu denken, denen die Kirche
das Prädikat ’heilig’, das heißt ganz von Gott durchdrungen, von ihm her leuchtend
zuerkannt hat. Jeder von uns kennt auch die kleinen, von keiner Zeitung erwähnten
und in keiner Chronik zitierten Menschen, die vom Glauben her zu einer großen Menschlichkeit
und Güte gereift sind. (...)
Unkraut mitten in der Kirche
Noch
einmal: Es gibt das Unkraut gerade auch mitten in der Kirche und unter denen, die
der Herr in besonderer Weise in seinen Dienst genommen hat. Aber das Licht Gottes
ist nicht untergegangen, der gute Weizen nicht erstickt worden von der Saat des Bösen.
(...) Ist also die Kirche ein Ort der Hoffnung? Ja, denn von ihr kommt immer wieder
Gottes Wort zu uns, das uns reinigt und den Weg des Glaubens zeigt. Sie ist es, weil
in ihr der Herr sich immer wieder selbst schenkt - in der Gnade der Sakramente, im
Wort der Versöhnung, in den vielfältigen Gaben seines Trostes. Das kann durch nichts
verdunkelt und zerstört werden. Darüber sollen wir uns mitten in aller Drangsal freuen.
(...)
Die größten Dinge kommen als Geschenk
Die
Dinge, die wir selbst machen können, sind nicht Gegenstand der Hoffnung, sondern Aufgabe
für uns, die wir mit der Kraft unseres Verstandes, unseres Willens und unseres Herzens
zu erfüllen haben. Aber wenn wir über all das nachdenken, was wir leisten können und
müssen, dann fällt uns auf, dass wir die allergrößten Dinge nicht machen können. Sie
können nur als Geschenk zu uns kommen: die Freundschaft, die Liebe, die Freude, das
Glück… Noch etwas will ich dabei anmerken: Wir alle wollen leben, und auch das Leben
können wir uns nicht selber geben. Kaum noch jemand spricht freilich heute über das
ewige Leben, das einst der eigentliche Gegenstand des Hoffens war. Weil man nicht
daran zu glauben wagt, muss man nun alles von diesem Leben erhoffen. Das Beiseite-Lassen
der Hoffnung auf das ewige Leben führt zu einer Gier nach Leben jetzt und hier, die
fast unausweichlich egoistisch wird und schließlich unerfüllbar bleibt. Gerade wenn
wir das Leben selber als eine Art Habe an uns reißen wollen, läuft es uns davon. (...)
Freude
über Gott
Liebe Freunde: Ich wünsche allen, die Ihr nun auf der
Theresienwiese zu München versammelt seid, dass Euch neu die Freude darüber überkommt,
dass wir Gott kennen dürfen. Dass wir Christus kennen. Dass er uns kennt. Das ist
unsere Hoffnung und unsere Freude mitten in den Wirrnissen dieser Zeit. (...)“