Papst: „Unsere Gesellschaft vernachlässigt die Tradition“
Papst Benedikt XVI.
hat zu einem verstärkten Dialog der Kulturen aufgerufen. Das sagte er an diesem Mittwoch
in Lissabon bei einem Treffen mit portugiesischen Kulturschaffenden. Benedikt XVI.
traf Vertreter von sechs Religionsgemeinschaften und Kultur im Zentrum Belem in der
portugiesischen Hauptstadt. Der Papst mahnte vor einer Vernachlässigung der Tradition.
Dies könne vor allem zu einer Krise der Wahrheit führen, so der Papst.
„Es
ist dramatisch für eine überwiegend katholisch geprägte Gesellschaft, wenn versucht
wird, die Wahrheit jenseits von Jesus Christus zu suchen. Ein Volk, das nicht mehr
um die rechte Wahrheit weiß, verliert sich in den Labyrinthen der Zeit und der Geschichte
ohne verbindliche Werte und große Ziele.“
Zugleich warnte der Papst vor
einer einseitigen Fixierung auf die Gegenwart. Es bestehe heute eine Spannung zwischen
Tradition und Gegenwart, die bisweilen Formen eines Konfliktes annehme, erklärte Benedikt
XVI.
„Eine ausschließliche Konzentration auf das Hier und Heute
widerspricht jedoch einer großen kulturellen Tradition wie der des portugiesischen
Volkes, die durch das Christentum und ein Bewusstsein für globale Verantwortung tief
geprägt worden ist.“
Der Papst hob zugleich die Notwendigkeit eines Dialogs
zwischen den Kulturen und Religionen hervor. Auch die Kirche entziehe sich nicht der
Einsicht, dass ein aufrichtiges und respektvolles Gespräch in der heutigen Welt von
größter Bedeutung sei, sagte der Papst.
„Die Kirche muss noch lernen,
wie sie am ewigen Charakter der christlichen Wahrheit festhalten und zugleich den
anderen Wahrheiten Respekt entgegenbringen kann. Ein solcher Dialog kann durchaus
neue Türen für die Vermittlung der Wahrheit öffnen. Es genügt hierbei nicht, lediglich
die Existenz einer anderen Kultur zu akzeptieren. Vielmehr gilt es, sich bereichern
zu lassen von dem, was diese Kultur an Gutem, Wahrem und Schönem enthält.“
Die
Kirche habe mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil die Voraussetzungen für eine wahrhafte
katholische Erneuerung geschaffen. Sie habe von der Moderne das Gute übernommen, zugleich
aber deren Irrtümer und Einbahnstraßen vermieden, sagte der Papst.
Begrüßt
wurde der Papst vom portugiesischen Kulturbischof, Manuel Clemente. Er ist Bischof
von Porto. Im Namen der Kulturschaffende sprach der portugiesische Filmregisseur und
Drehbuchautor Manoel de Oliveira. Er gilt seit 2001 als ältester noch aktiver Regisseur
und der einzige, der schon zur Stummfilmzeit gearbeitet hat. Oliveira zählt zu den
einflussreichsten Filmemachern in Europa.