Der portugiesische Kurienkardinal Jose Saraiva Martins findet die Kritik des Wiener
Kardinals Christoph Schönborn an der früheren Vatikanlinie zum Umgang mit Missbrauchsfällen
„nicht opportun“. Mit diesen Worten zitiert ihn an diesem Wochenende eine Internetseite.
Schönborns Anliegen – das in italienischen Medien großes Echo ausgelöst hat – sei
ehrenhaft, erweise in der
geäußerten Form der Kirche aber keinen guten Dienst,
sagte der frühere Präfekt der Heiligsprechungskongregation. Schönborn hatte Teilen
des Vatikan Versäumnisse im so genannten Fall Groer vorgehalten. Der heutige Papst
sei 1995 für eine genaue Untersuchung der Missbrauchsvorwürfe gegen den damaligen
Wiener Kardinal Hans Herrmann Groer gewesen; das sei aber u.a. vom heutigen Kardinaldekan
Angelo Sodano verhindert worden, so Schönborn vor Journalisten. Der Wiener Kardinal
äußerte auch die Sorge, dass Sodano am Ostersonntag mit seiner Kritik am „Geschwätz
des Augenblicks“ die Gefühle von Missbrauchsopfern verletzt habe. Mit seiner Äußerung
habe Schönborn „über die Medien“ den Eindruck einer „von Polemik zerrissenen Kirche
erweckt“, so Saraiva. Der Kardinal hätte doch andere Mittel wählen können, etwa das
einer „brüderlichen Zurechtweisung“. Jetzt drohe die Gefahr, „dass sich der Brand
noch weiter ausbreitet“. Eine öffentliche Desavouierung des Kardinaldekans sei „nicht
opportun“, so der portugiesische Kurienkardinal.