D: „Kirche will ihre Hausaufgaben machen“, sagt Erzbischof Marx
Am Mittwoch startet
in München der Zweite Ökumenische Kirchentag – eine Chance für die Ökumene und auch
für die katholische Kirche, aus einem Tal herauszukommen. Gastgebender Erzbischof
ist auf katholischer Seite Reinhard Marx von München-Freising. Er betonte am Sonntag,
dass an dem ökumenischen Großereignis zum ersten Mal „in dieser Intensität die Orthodoxen
teilnehmen“.
„Und ich hoffe, dass die Menschen, die nach Hause gehen, nach
dem ökumenischen Kirchentag sagen: Es hat uns noch mal Rückenwind gegeben für unseren
Glauben, für unsere Hoffnung, die wir leben wollen im Alltag.“
Erzbischof Marx
hofft, dass es angesichts der immer noch fehlenden Abendmahlsgemeinschaft zwischen
Katholiken und den Kirchen der Reformation nicht zu Provokationen kommt.
„Das
wird man nie genau kontrollieren können. Wir leben ja nicht hier in einer Diktatur,
wo man das befehlen kann. Aber im Rahmen des ökumenischen Kirchentages haben wir sehr,
sehr verlässliche, gute Absprachen. Das ist sozusagen das Fundament der Ökumene. Sonst
ist Ökumene gar nicht möglich, wenn man nicht das Selbstverständnis des anderen achtet…“
Der
Erzbischof von München und Freising sieht im Gespräch mit dem Deutschlandfunk immer
noch deutliche Differenzen zwischen den Kirchen, etwa, was das Ziel der Ökumene betrifft:
„Im
evangelischen Bereich hat sich jetzt stärker die Vorstellung einer Anerkennung der
verschiedenen Kirchen als Kirchen durchgesetzt - und dann ist es eigentlich auch gut.
Und da sagen wir von der katholischen und auch von der orthodoxen Seite: Das ist uns
nicht ausreichend genug. Wir wollen wirklich eine sichtbare Einheit, wo man nicht
nur äußerlich sich anerkennt und sagt, Ihr glaubt das, wir glauben jenes - das wollen
wir da mal so stehen lassen -, sondern wir wollen tiefer gehen.“
Zu ökumenischem
Katzenjammer sei aber kein Grund: Auch Papst Benedikt stehe ohne Wenn und Aber zum
Dialog mit allen Teilen der Christenheit.
„Es ist ja nicht so, als sei gar
nichts erreicht worden. Wenn man die letzten 50 Jahre anschaut, ist eben sehr, sehr
viel erreicht worden, wahrscheinlich manches, was sich die Menschen vor 50 Jahren
gar nicht haben vorstellen können. Und das, meine ich, muss auch weitergehen!“
Überschattet
wird der ÖKT von den Missbrauchs-Skandalen, die vor allem die katholische Kirche heimsuchen.
Marx lobt in dieser Hinsicht den deutschen Runden Tisch zum Thema Missbrauch und beteuert:
„Wir
als katholische Kirche wollen unsere Hausaufgaben erledigen. Das geht nicht in wenigen
Tagen, aber es ist ein wichtiger Auftrag und wir müssen Schritt für Schritt den Menschen
vermitteln, dass wir alles in unserer Kraft Stehende tun und so Vertrauen wieder gewinnen.“
Dem Erzbischof wird unwohl, wenn im Schwange der Missbrauchsdebatte auch eine
Diskussion über den Pflichtzölibat losgeht.
„Ich würde es nicht gerne mit dem
Thema Missbrauch verknüpfen. Das ist, glaube ich, noch mal eine andere Frage. Man
kann, glaube ich, hier nicht einfach experimentieren, sondern man muss erst einmal
wieder neu entdecken. Das ist meine Perspektive, den Zölibat auch positiv zu beschreiben.
Das ist leider im Augenblick nicht der Fall. Das weiß ich, da mache ich mir keine
Illusionen. In einer solchen Phase noch weiter zu suggerieren oder das Vorurteil noch
zu nähren, das ist ja irgendwie eine defiziente Lebensform oder bringt Leute hinein,
die nicht ganz richtig sind - das fällt mir schwer.“
Er sei da „auch ein Praktiker“,
so Erzbischof Marx – er finde, der Zölibat müsse „auch mehr lebensmäßig eingebunden
sein“.
„Das fehlte uns, glaube ich eigentlich, dass wir sehen, der Zölibat,
die Ehelosigkeit des Priesters ist keine Einsamkeit, ist kein Junggesellendasein,
sondern soll sich ja auch einfügen in ein Beziehungsgeflecht der Priester untereinander.
Da sehe ich schon manche Defizite.“
Der Zölibat sei „nicht nur lebbar“, sondern
auch „ein wichtiges Zeichen in der Kirche“. Doch das sei „im Augenblick“ schwer zu
vermitteln. Bevor man etwa jetzt die Priesterweihe von bewährten Männern – den so
genannten „viri probati“ einführe, müsse man also den Sinn des Zölibats „noch einmal
intensiver bereden“.
„Denn in einer Zeit, in der das im Grunde fast nur in
der Kritik ist, da sieht dann ein Experiment … einfach aus als Anfang einer Abschaffung.
Und da muss man, glaube ich, schon überlegen. Man kann ein Experiment dieser Art nicht
einfach wieder zurückfahren. Das muss man einfach realistisch sehen. Das geht nicht.
So naiv bin ich nicht. Das muss man schon gut überlegen.“