Propst Fürnsinn: „Missbrauch mit dem Missbrauch betrieben“
In der öffentlichen
Meinungsbildung wird zum Teil „Missbrauch mit dem Missbrauch betrieben“. Das hat der
Vorsitzende der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften in Österreich,
Maximilian Fürnsinn, im Gespräch mit kathpress kritisiert - ohne die Schuld der Kirche
kleinreden zu wollen, wie er betont. Die österreichischen Äbte und Ordensoberen hätten
sich kürzlich bei einem Informationstag ausführlich mit den juristischen, psychologischen
und therapeutischen Aspekten von Missbrauch auseinandergesetzt – und sich abermals
der entschlossenen Aufklärung und Verhinderung künftiger Missbrauchsfälle in der Kirche
verpflichtet. Das gelte auch, wenn Opfer materielle Hilfe bräuchten:
„Es
gibt eine wirklich vollständige Zusammenarbeit mit den Ombudsstellen der Diözesen.
Es ist uns sehr wichtig, dass die Orden hier inbegriffen sind. Separate Linien zu
machen, liegt uns fern. Wir werden uns überall dort beteiligen, wo wir den so genannten
Opfern eine Unterstützung zukommen lassen können. Wir beraten bereits darüber, wie
wir damit konkret umgehen.“
Nach Meinung des Augustinerpaters bedarf es
aber nicht nur einer neuen Umgangsweise bei der Opferentschädigung. Die Kirche müsse
ihre Ausrichtung ganz grundsätzlich neu bedenken:
„Wir sind hier der Auffassung,
dass es in Zukunft neue Wege in der Kirche geben muss. Ich bin nicht so sehr für die
saloppe Forderung: Schaffen wir den Zölibat ab! Sondern ich glaube, dass wir eher
einen umgekehrten Weg gehen sollten. Dass bewährte Männer, Verheiratete, zu Priestern
geweiht werden können. Ich glaube, das wäre ein gangbarer Weg. Wir sollten auch nicht
vergessen, dass der Zölibat eine ungeheure spirituelle Kraft in der Kirche hat. Aber,
dass wir neue Wege zusätzlich brauchen, ist mir klar.“
Vor allem sei jedoch
jeder einzelne Christ dazu aufgerufen, seinen Glauben deutlich vernehmbar zu bekennen,
gibt der Ordensmann zu bedenken:
„Wenn heute Viele die Angst vor der Islamisierung
an die Wand malen, kann ich nur sagen: Lebe deinen Glauben! Sprich deine Überzeugung
aus! Dann kann es nicht sein, dass du ständig die Blutgruppe Null vertrittst und dich
wunderst, dass andere ihre religiöse Überzeugung sagen. Sage sie selber!“
Ein
solches Bekenntnis besitze eine Reichweite und Innovationskraft bis in gesellschaftliche
Fragestellungen hinein:
„Die Frage von Migration, von Flüchtlingen. Denken
Sie auch an die Frage der kinderabweisenden Gesellschaft. Denken Sie an den ganzen
Wirtschaftsbereich heute. Wir müssen uns die gescheitesten und kompetentesten Köpfe
holen, und diese zusammen mit kirchlichen Vertretern auf diese zentralen Fragen ansetzen.
Wir müssen dazu einen Beitrag leisten, das schafft Politik alleine nicht. Und zwar
nicht, weil sie dazu nicht im Stande wäre, sondern weil Politik immer wieder aus parteipolitischen
Gründen sehr viel Rücksicht auf ein bestimmtes Publikum nehmen muss. Da hat die Kirche
viel mehr die Freiheit, offen zu reden.“