Österreich: Beitrag für ausgewogenes Pius-Bild leisten
Die Alpenrepublik
wird eine maßgebliche Rolle in dem unlängst errichteten internationalen „Forschungsnetzwerk
Pius XI.“ spielen. Dies bestätigte im Gespräch mit kathpress der Wiener Kirchenhistoriker
Rupert Klieber. Das Netzwerk, das auf Initiative des Münsteraner Kirchenhistorikers
Hubert Wolf Ende März in Münster unter großem öffentlichen Interesse aus der Taufe
gehoben wurde, wird sich in den kommenden Jahren der internationalen vergleichenden
Forschung an den nun zugänglichen vatikanischen Quellen zum Pontifikat Papst Pius
XI. (1922-39) widmen. Dazu Klieber:
„Ziel des Netzwerkes ist es,
ein möglichst ausgewogenes Bild der kirchlichen und gesellschaftlichen Realität dieser
Zeit und natürlich Pius XI. zu erhalten. Wichtig ist die internationale Vernetzung
insbesondere, um Fehlinterpretationen aufgrund national einseitiger Forschungsschwerpunkte
zu verhindern. Wir werden Pius XI. nur gerecht, wenn wir so vernetzt agieren, wie
auch der Vatikan zur Zeit Pius XI. vernetzt agiert hat.“
Österreich stehe
dabei in mehrerlei Hinsicht im Fokus, so Klieber, der als Leiter des Forschungsprojekts
„Pius XI. und Österreich“ eng mit Wolf kooperiert. So gilt das Experiment eines österreichischen
Ständestaates zwischen 1934 und 1938 als international beachteter Versuch einer Umsetzung
der Enzyklika „Quadragesimo anno“ von Pius XI., der ähnliche Experimente in Portugal
und Spanien folgten. Außerdem stand mit Ignaz Seipel für einige Jahre ein Priester
als Bundeskanzler an der Spitze Österreichs. Schließlich lasse sich das österreichisch-kirchliche
Modell der „Katholischen Aktion“ auf eine Idee Pius XI. zurückführen.
„Es
gibt also viele spezifische Österreich-Bezüge auch der vatikanischen Politik, die
in eine internationale Perspektive einfließen kann. Auf internationaler Ebene wird
es große Fachtagungen geben, bei denen die jeweiligen nationalen Ergebnisse zusammengetragen
und diskutiert werden. Auf nationaler Ebene konnten im Rahmen des Projekts "Pius XI.
und Österreich" bereits erste, über die Rom-Stipendien der Österreichischen Akademie
der Wissenschaften (ÖAW) finanzierte Forschungsaufenthalte in den vatikanischen Archiven
erfolgreich absolviert werden. Hier sollen weitere Studienaufenthalte folgen.“
Ausgebaut
werden soll außerdem die Pflege des wissenschaftlichen Nachwuchses: So suche man derzeit
dringend Wissenschaftler, die etwa eine Grundsichtung der österreichischen kirchlichen
Archive im Blick auf die Zeit Pius XI. vornehmen.
Zugleich habe die
jetzige Arbeit im „Netzwerk Pius XI.“ einen wichtigen richtungsweisenden Charakter:
So ist die Öffnung der vatikanischen Archive für den Zeitraum des Pontifikats Pius
XII. (1939-58) absehbar – „was einen gewaltigen Schub an neuer Arbeit“ bedeuten werde,
so Klieber.
„Wir hoffen dabei, durch unsere Arbeit am Pius XI.-Projekt
die Instrumente entwickelt und geschärft zu haben, die wir dann für Pius XII. benötigen.“