Spanien: Kirche will andere Migrationspolitik in Europa
Die katholische Kirche
fordert eine umfassende Wende in der europäischen Einwanderungspolitik. Die Pluralität
der Kulturen sei heute in Europa eine unumkehrbare Wirklichkeit, die von den Staaten
positiv gestaltet werden müsse, heißt es in einer gemeinsamen Botschaft, die am Freitag
in Malaga am Ende einer dreitägigen Bischofsversammlung verabschiedet wurde.
An
dem Treffen hatten Bischöfe und kirchliche Repräsentanten aus 22 Ländern Europas sowie
aus dem Vatikan teilgenommen. Als Tagungsort hatte der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen
(CCEE) die südspanische Stadt Malaga gewählt, die seit dem Schengener Abkommen von
1985 an einer Nahtstelle der Immigration von Afrika nach Europa liegt.
Für
Dialog der Kulturen
In ihrer Botschaft wandten sich die für Migrationsfragen
zuständigen Kirchenvertreter dagegen, Einwanderer als Bedrohung der europäischen Identität
zu sehen. Immigration müsse keineswegs Kulturen auflösen oder zu Gewalt zwischen den
unterschiedlichen ethnischen Gruppen führen. Die Tagung sprach sich für einen Dialog
der Kulturen und gegen das Konzept einer „kulturellen Dominanz“ aus. In einer integrationsbereiten
Gesellschaft könnten Einwanderer nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht eine Bereicherung
sein. Die europäischen Regierungen werden in der Schlusserklärung aufgefordert, die
Einheit der Familie auch für Einwanderer als ein fundamentales Recht anzuerkennen.
Ferner müsse in allen Ländern ein Rechtsrahmen geschaffen werden, der die Menschenwürde
der Immigranten respektiere.
Keine Abschottung
An
die Migranten selbst wendet sich die Botschaft von Malaga mit den Worten: „Wir lehnen
jeglichen Ansatz der Abschottung ab und wollen euch sagen, dass wir gemeinsam mit
euch die Zukunft Europas bauen wollen.“ Die Kirche setze sich mit ihren unterschiedlichen
Traditionen und Riten für die Einheit der Menschheitsfamilie über Nationen, Rassen
und Ideologien hinweg ein. Zu den Unterstützern des Appells von Malaga zählen der
Präsident des Päpstlichen Migrantenrats, Erzbischof Antonio Maria Vegliò, sowie leitende
Funktionäre der Caritas und anderer kirchlicher Hilfswerke aus allen Teilen Europas.
Aus dem deutschen Sprachraum waren unter anderem der Wiener Weihbischof Franz Scharf
sowie die nationalen Koordinatoren der Migrantenseelsorge aus Deutschland, Österreich,
der Schweiz und Luxemburg in Malaga vertreten.
Allen Einwanderern
helfen
Die Hilfe der Kirche für die Immigranten in Europa muss allen
Fremden unabhängig von ihrem Glauben und ihrer Herkunft gelten. Dies betonte der Erzbischof
von Madrid, Kardinal Antonio Rouco Varela, am Samstag in Malaga. Der Kardinal äußerte
sich in einer Predigt beim Abschlussgottesdienst des VIII. Migrationskongresses der
Europäischen Bischofskonferenzen. Rouco betonte, in der „delikaten historischen Situation“,
in der sich Europa durch die demografische und wirtschaftliche Krise befinde, müsse
sich die Kirche mehr denn je am Lehramt der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt
XVI. orientieren. Dazu gehören die bedingungslose Nächstenliebe, die brüderliche Aufnahme
der christlichen Einwanderer in den Gemeinden und die umfassende Unterstützung der
Caritas für alle Immigranten. Untrennbar davon sei ein verstärktes Engagement der
Kirche für die Neuevangelisierung Europas angesichts eines verschärften Laizismus
und Säkularismus. Die Kirche dürfe auch nicht an der Tatsache vorbeigehen, dass die
Gesetzgebung in Europa immer öfter mit der christlichen und naturrechtlichen Tradition
breche. Die Verweigerung des Lebensrechts von der Empfängnis an trage zu der schweren
demografischen Krise bei, die den Horizont der Zukunft Europas verdunkle.