Vatikan/Aserbaidschan: „Die globalisierte Welt brüderlicher machen“
„Die globalisierte Welt ist nicht brüderlich. Aber sie kann dazu gemacht werden.“
Das ist die Botschaft von Kardinal Jean-Louis Tauran, anlässlich eines interreligiösen
Treffens in Aserbaidschan, das Mitte dieser Woche zu Ende ging. Tauran ist Präsident
des päpstlichen Rates für interreligiösen Dialog. In der Hafenstadt Baku am Kaspischen
Meer tauschten sich Vertreter der drei Weltreligionen über die Frage aus, wie Globalisierung,
Religionen und traditionelle Werte in den Dienst der Weltgemeinschaft gestellt werden
können. Eigentliche Schlüsselfigur des Treffens war jedoch der katholische Patriarch
von Armenien, Karekin II., der das Nachbarland zum ersten Mal besuchte: Das habe ein
Zeichen der Verständigung gesetzt, so Kardinal Tauran nach seiner Rückkehr im Interview
mit unseren französischen Kollegen. Zwischen den beiden Länder schwelt seit Jahren
ein bewaffneter Konflikt um die Grenzregion Bergkarabach. Aserbaidschans Christen
wird teilweise das Leben schwer gemacht, weil sie mit den verfeindeten Armeniern in
Zusammenhang gebracht werden.
„Die Verfolgung und Diskriminierung von Minderheiten
ist ja nach wie vor Thema in dieser Region. Ich habe mit der kleinen katholischen
Gemeinde die Messe gefeiert. Fünfzig Jahre hat es gebraucht, um die Kirche bauen zu
können, was der Heldenhaftigkeit dieser Gläubigen zu verdanken ist. Ein großes Ereignis
war da natürlich der erste Besuch des armenischen Patriarchen – auch auf internationaler
Ebene!“
Die Religionsvertreter hatten sich bei dem interreligiösen Treffen
gegen die Instrumentalisierung von Religion und Fanatismus aus. Wichtig sei die „Erziehung
zum Frieden“ in Familien, Schulen und Gemeinschaften, so Kardinal Tauran. Bei der
zweitägigen Begegnung habe sich der Führer der muslimischen Glaubensgemeinschaft sehr
verständig gezeigt, so Tauran:
„Scheich Allashükür Pasha-Zadé war sehr
zuvorkommend und einladende gegenüber den Katholiken und den Gläubigen allgemein.
Er hat große Bewunderung für den Papst zum Ausdruck gebracht. Er hat das mit viel
Feingefühl getan. Ich denke, das ist ein Beispiel für Harmonie.“
Der Scheich
hatte zusammen mit dem orthodoxen Patriarchen von Moskau, Kirill, zu dem interreligiösen
Treffen eingeladen. Religion sei innerhalb weniger Jahre zum integralen Bestandteil
des öffentlichen Dialoges geworden, hatte Tauran in seiner Ansprache an die Religionsführer
unterstrichen. Der Kardinal: „Der interreligiöse Dialog muss im
Dienst der Gesellschaft stehen. Wir können da Vorbild sein, indem wir hier zusammenkommen
- vielfältig und doch vereint müssen wir gegen Relativismus und Intoleranz in der
Welt vorgehen.“
In der globalisierten Welt müsse die Religion das „Gewissen“
der Politik sein, hatte Tauran in seiner Ansprache weiter betont - wohl auch mit Blick
auf ein aktuelles Problem in Aserbaidschan: Korruption ist in dem vorderasiatischen
Land weit verbreitet, und trotz des enormen Wirtschaftswachstums der letzten Jahre
lebt fast 50 Prozent der Bevölkerung immer noch unterhalb der Armutsgrenze.