Kommunikation wird
immer schneller, die Texte immer kürzer. Erst war es die SMS, und nun ist es seit
einiger Zeit das Twittern, das öffentliche Verschicken von Kurznachrichten. Auch Radio
Vatikan gibt es als Twitter-Service. - Aber die Bibel? Ein Buch, an dem sich Generationen
von Christen über Jahrhunderte abgearbeitet haben, fast um jedes einzelne Wort gerungen
haben? Kann man das auf kurze elektronische 140 Zeichen eindampfen, um es kompatibel
zu machen für die Internet-Welt? Evangelisch.de, eine Website der lutherischen
Kirchen, hat dieses Projekt gewagt: die Heilige Schrift, gelesen und übersetzt in
diese Kommunikationsform, erst auf Twitter, nun auch als Buch unter der Überschrift
„Und Gott chillte“. Pater Bernd Hagenkord sprach darüber mit Melanie Huber, Portalleiterin
der Website evangelisch.de und Betreuuerin des Projektes:
Sie haben dieses
Projekt gestartet „Das Wort Gottes getwittert“; das Ende des Projektes war jetzt erreicht,
als das Ganze als Buch herausgekommen ist. Was steht nun in diesem Buch drin?
„In
dem Buch sind einzelne Abschnitte aus der Bibel zusammengefasst, d.h. wir haben die
Bibel in verschiedene, gut lesbare Abschnitte unterteilt und die wurden dann von Menschen,
die an diesem Projekt mitgemacht haben, in eigene Worte zusammen gefasst und auf 140
Zeichen reduziert, so dass wir das über Twitter weitergeben können. Und das ist jetzt
chronologisch sortiert aus den Highlights heraus dort zusammengefasst dargestellt.“
Zum
Beispiel: Was sind denn gelungene Textstellen der Übersetzung?
„Zum Beispiel
der Titel. Das Buch heißt ‚und Gott chillte’, und so hat eine junge Dame dort den
siebten Tag in der Schöpfungsgeschichte zusammengefasst. ‚Also am Ende des siebten
Tages: Gott chillte’. Es ist oftmals in einer sehr einfachen Sprache, umgangssprachlich
auch zum Teil gehalten und es sind sehr viele überraschende Beispiele dabei.“
Jetzt
muss ich natürlich die Frage stellen: Klingt das nicht ein wenig respektlos, mit dem
Buch der Bücher so umzugehen und Worte mit chillen umzusetzen?
„Nein, das
finde ich absolut nicht. Es ging ja darum: im ersten musste man sich überhaupt erst
einmal mit der Bibel auseinandersetzen, d.h. man musste sehr intensiv diese Passagen
lesen und dann entsprechend verstehen, was damit eigentlich gemeint ist, und das dann
mit seinen eigenen Worten wiedergeben. Da sind natürlich keine Schimpfworte gefallen,
sondern Worte, die heutzutage Menschen benutzen und die geläufig sind; und ‚chillen’
ist nun mal in der Jugendsprache ein doch sehr geläufiger Begriff. Aber es waren auch
andere Zusammenfassungen dabei, die einfach sagen – zum Beispiel aus dem 1. Buch Mose
‚wüst und leer war alles, Chaos pur, und Gott sprach sich in dieses Chaos aus und
es wurde Licht und hell.’ Da ist jetzt keine Umgangssprache verwendet, das ist ganz
unterschiedlich. Mal ist es ein wenig witziger, mal ist es ganz einfach zusammen gefasst,
auch durch Plus-Zeichen etc, also das ist ganz nett gemacht.“
Und die Beschränkung
waren 140 Zeichen inklusive Leerzeichen?
„Genau, weil wir das Ganze über
Twitter ausgespielt haben und Twitter gibt uns eben genau diese Beschränkung vor und
daran haben wir uns entsprechend orientiert; auch als Herausforderung, einfach mal
kurz und knapp zu sagen, was da eigentlich steht und so die Möglichkeit zu bieten,
relativ schnell dieses Buch durchzublättern und schnell die Bibel in einem zu Erfassen,
im Kern.“
Eine abschließende Frage, die ich mir als Katholik nicht verkneifen
kann: wir haben „Sola Scriptura“ gelernt, das sich Verlassen allein auf die Schrift.
Was haben Sie persönlich jetzt gelernt über das Wiederlesen und das neu sich Aneignen
der Bibel. Ich denke einmal, dass das nicht nur technisch für Sie gewesen ist, sondern
sie haben dabei sicherlich auch was gelernt.
„Ja. Ich habe gelernt, dass
man manchmal viel zu verblendet an die Texte geht, dass man denkt, wie schwer ist
das denn, das versteh’ ich doch gar nicht. Dass man, wenn man da sehr frei rangeht,
dann die Dinge ganz anders versteht und auch wirklich im Kern begreift, was damit
gemeint ist. Um neugierig zu machen, um zu sagen, ‚so jetzt lese ich mir das Original
durch’ reicht das aus."
Ich danke Ihnen herzlich für das Gespräch. (rv
29.4.2010 ord)