Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch kündigt eine „gründliche Aufarbeitung der
Fälle von sexuellem Missbrauch in der Kirche“ an. Das sei „notwendig und schmerzhaft
zugleich“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz der Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung (FAS). Am Montag beraten die Diözesanbischöfe in Würzburg erstmals
über die überarbeiteten Richtlinien zum Umgang mit Missbrauchsfällen. Bischof Stephan
Ackermann, der bischöfliche Missbrauchs-Beauftragte, erklärt, der Text sei „inhaltlich
nachgebessert und klarer, präziser formuliert“. Er regle unter anderem detaillierter
das Verhältnis von katholischer Kirche und ihren Einrichtungen zu den staatlichen
Strafverfolgungsbehörden. Die überarbeiteten Leitlinien sollen zudem stärker auf die
Opfer-Perspektive eingehen und ausdrücklich die Präventionsarbeit zum Gegenstand haben.
Ackermann hatte zusammen mit einer Expertengruppe einen Entwurf erarbeitet, der den
Bischöfen Ende letzter Woche zugegangen ist. Die Bischofskonferenz hat mehrfach angekündigt,
sie wolle bis zum Sommer ihre Leitlinien von 2002 überarbeiten.
Nach FAS-Angaben
plädieren „maßgebende Bischöfe“ intern dafür, „die Leitlinien vor ihrer Verabschiedung
mit unabhängigen Fachleuten öffentlich zu erörtern“. Umstritten sei weiterhin die
Frage, „ob im Verdachtsfall auch dann die Staatsanwaltschaft zu informieren sei, wenn
das mutmaßliche Opfer das nicht will“. Zollitsch nennt es die wichtigste Aufgabe der
Bischöfe, sich stärker um die Glaubwürdigkeit der Kirche zu bemühen und darum, verlorengegangenes
Vertrauen wiederzugewinnen.
Die Zeitung schildert an diesem Sonntag auch Hintergründe
des angebotenen Rücktritts des Augsburger Bischofs Walter Mixa. Danach wollte Zollitsch
am letzten Mittwoch Mixa öffentlich auffordern, „sich bis zur Klärung der gegen ihn
erhobenen Vorwürfe von seinem Amt zurückzuziehen“. Entsprechender Druck durch Zollitsch
oder den Münchener Erzbischof Reinhard Marx auf Mixa habe zuvor keine Wirkung gezeigt.
Doch angesichts dieses Planes von Zollitsch habe der Augsburger Bischof dann doch
den Papst am Mittwoch Abend darum geben, ihn von seinen Amtspflichten zu entbinden.
Benedikt XVI. hat das Rücktrittsgesuch bislang noch nicht angenommen, doch Beobachter
rechnen schon bald damit.
Die FAS analysiert auch ein „Gespinst aus Macht
und Machtmissbrauch“, in dem sich Mixa verfangen habe. Dabei gehe es nicht nur um
einzelne Ohrfeigen an Waisenkinder oder um die etwaige Veruntreuung von Stiftungsgeldern,
sondern auch um Mixas Priesternachwuchs-Strategie. Der Bischof habe zunächst in Eichstätt
und ab 2005 dann in Augsburg auch Priesteramtskandidaten akzeptiert, „welche sogar
das Kirchenrecht als nicht tragbar“ bezeichne, etwa Homosexuelle. Der vermutlich steigende
Anteil von Homosexuellen unter Priesteramtskandidaten und Priestern in Deutschland
könne „für die Handlungsfähigkeit der Kirche als solche bedrohlich“ werden, so die
Zeitung. Zum einen wirke eine „klerikal-homophile Subkultur“ wenig attraktiv für heterosexuelle
Männer, die Priester werden wollten. Zum zweiten wachse das „Erpressungspotential“
von Gruppen, „die der offiziellen kirchlichen Homophobie den Kampf angesagt haben“.