Wochenkommentar von Gudula Gause: Was bleibt ist das Ringen um Verantwortung
Verantwortung
ist das Thema dieser vergangenen Woche: der isländische Vulkan Eyjafjalla-Jöküll hatte
den europäischen Flugverkehr lahm gelegt. Es war wohl das größte und teuerste Verkehrschaos
der Geschichte – und es hat weltweit Folgen gehabt: zehntausende Reisende hingen fest,
traten dann zum Teil abenteuerliche Heimreisen an, Güter kamen nicht an, Opel zum
Beispiel musste eine Produktionspause einlegen, weil Teile fehlten. Es war aber eine
Frage der Verantwortung, das Flugverbot zu verhängen. Unvorstellbar die Katastrophe,
wäre es zu einem Unglück gekommen, weil sich Vulkanaschepartikel in die Triebwerke
gesetzt hätten. Sicherheit vor Umsatz, - das war die Diskussion zwischen Fluggesellschaften,
die ebenfalls selbstverständlich zuvörderst an Sicherheit interessiert sind, und Bundesverkehrsminister
Ramsauer, der mit Krisenstab, der Deutschen Flugsicherung und der internationalen
Luftsicherheitsbehörde die Verantwortung für das Flugverbot zu tragen hatte.
Die
Verantwortung für Verfehlungen musste in dieser Woche auch ein kirchlicher
Würdenträger in Augsburg übernehmen: Bischof Mixa bot Papst Benedikt seinen Rücktritt
an. Dieser Schritt war von Amtskollegen in’s Spiel gebracht worden – eine Sensation
in der katholischen Kirche. Im Neuen Testament steht im Brief des Apostels Paulus
an Titus: "Ein Bischof muss unbescholten sein, wenn er das Haus Gottes verwaltet…Er
darf nicht überheblich und jähzornig sein, kein Trinker, nicht gewalttätig oder habgierig…
Man soll ihnen nicht nachsagen können, sie seien liederlich und ungehorsam." Schon
Kinder müssen die Konsequenz der Lüge lernen. Wer lügt, schadet sich selbst; nicht,
indem er als Lügner erkennbar und Ziel des Spottes ist, sondern, weil seine Unglaubhaftigkeit
die Umgebung davon abhält, sich ihm gegenüber freundschaftlich zu verhalten und ihn
als gleichwertigen Partner zu akzeptieren. Bischof Mixa hat vor dem Hintergrund der
aktuellen Diskussion über Misshandlungen in katholischen Einrichtungen für seinen
Teil also Verantwortung für die „Watsch’n“ übernommen.
Verantwortung
für das eigene Tun: da geht es um den Aufbau und Erhalt einer Ethik, da geht es
um die Belebung von Moral, da geht es darum, im Widerstreit verschiedener Interessen
einen Wertekonsens zu finden. Ratlos und verzweifelt lässt mich in dieser Woche der
Selbstmord eines jungen Mannes zurück: ein 18jähriger Gymnasiast, Zwillingsbruder,
Sportler und – einfach ein lieber Kerl, Sohn einer grund-positiven Mutter, die als
Erzieherin im Kindergarten so vielen Kindern zur Seite steht. Mit 18 Jahren trug er
die Verantwortung für sein Tun, - wird seine Gründe gehabt haben, von dieser Welt
gehen zu wollen. Mit 18 Jahren aber trug er auch die Verantwortung für seine
Mutter und für seinen Zwillingsbruder. Mit ihnen trauern viele – ratlos und verzweifelt.
Da treten Flugchaos, Milliardenausfälle und persönliche Verfehlungen in den Hintergrund,
- was bleibt ist das Ringen um Verantwortung.