Der aus Kolumbien stammende Kardinal Dario Castrillon Hoyos verteidigt die frühere
Praxis von Bischöfen, pädophile Priester nicht in jedem Fall anzuzeigen. Das wäre
doch so gewesen, als ob man jemanden zwänge, vor Gericht gegen ein Familienmitglied
auszusagen, sagte der langjährige Kurienkardinal am Donnerstag in einem Radiointerview.
„Das Recht in entwickelten Staaten sieht nicht vor, dass jemand gegen sein Kind oder
gegen seinen Vater aussagt“, so Hoyos wörtlich: „Warum sollte man das dann von der
Kirche verlangen? Das ist ungerecht.“ Es gehe nicht darum, „einen Pädophilen zu verteidigen“,
sondern es gehe darum, „die Würde und die Rechte einer Person zu verteidigen, auch
wenn sie äußerst kriminell ist.“ Gleichzeitig bestehe aber kein Zweifel daran, „dass
die Kirche an der Seite derer steht, die wirklich Opfer waren“. Der 80-jährige Castrillon
Hoyos wird von vielen früheren Missbrauchs-Opfern kritisiert, seit ein Brief an einen
französischen Bischof bekannt wurde. In diesem Schreiben gratulierte Hoyos, damals
Präfekt der vatikanischen Kleruskongregation, 2001 dem Bischof dazu, einen Priester,
der des Missbrauchs verdächtigt wurde, nicht angezeigt zu haben. Die Nachrichtenagentur
ansa berichtet an diesem Freitag, in ähnlicher Weise habe Hoyos vier Jahre zuvor auch
schon gegen den Willen eines Bischofs im Fall eines US-Priesters interveniert. (ansa
23.04.2010 sk)