2010-04-20 14:04:01

Woche für das Leben: „Menschen mit Behinderung sind nicht behindert, sie werden es!“


RealAudioMP3 „Gesund oder krank – von Gott geliebt“: Unter diesem Motto steht in den Jahren 2008-2010 die „Woche für das Leben“. In diesem Jahr findet die ökumenische Initiative bundesweit vom 17. April bis 24. April statt. Träger sind Deutschen Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland. Das Jahresmotto der Woche 2010 lautet: „Gesundheit - höchstes Gut“ und will den in der Gesellschaft vorherrschenden Gesundheitsbegriff kritisch hinterfragen. Simone Bell-D`Avis leitet die Arbeitsstelle Pastoral für Menschen mit Behinderung der Deutschen Bischofskonferenz und erklärt im Gespräch mit Radio Vatikan das besondere Anliegen der Aktionswoche:

„Die Woche für das Leben hat ja grundsätzlich den Auftrag, zu sagen, Gebrechlichkeit, Leid, Lebensende, Krankheit und Tod sind Teile des Lebens, die man nicht verdrängen darft. An dieser Stelle versucht sie, Aufklärungsarbeit zu leisten. Und der Aspekt der Behinderung ist jetzt insbesondere mit aufgegriffen worden, um zu sagen, Behinderung ist eine Lebensrealität.“

Oft würden Menschen mit Behinderung noch als bemitleidenswert wahrgenommen, meint Bell-D`Avis. Jenseits dieses „Helfermodells“, das vom Defizit des Menschen mit Behinderung ausgehe, beschreibt die Theologin eine abweichende Sichtweise:


„Ein anderes, neueres Denkmodell, dass sich aber auch in der deutschen Sozialgesetzgebung mehr und mehr durchsetzt und auch in der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen deutlich und greifbar wird, ist ein soziales Modell von Behinderung: Menschen mit Behinderung sind nicht behindert, sondern sie werden behindert! Dadurch, dass es Barrieren und Zugangshemmnisse gibt. Dadurch, dass sie ausgeschlossen werden, dass zum Beispiel eine Arztpraxis nicht darauf eingerichtet ist, dass ein hörgeschädigter Mensch kommt oder jemand mit einer Körperbehinderung. Trotzdem würde ich sagen, wir leben in einer Gesellschaft, in der beide Modelle noch in den Köpfen und Herzen der Menschen sind. Und es muss darum gehen, Barrieren, die bestehen, abzubauen, ohne das Helfen völlig zu verbannen.“

Dieser Appell richte sich, so Bell-D`Avis, an die Gesamtgesellschaft - die Kirchen inbegrifffen:


„Wenn eine Kirchenzeitung nur als gedrucktes Papier erscheint, parallel zu schauen, dass die Homepage, auf der sie erscheint, für blinde Menschen so konstruiert ist, dass sie mit deren Hilfsmitteln von zu Hause aus lesbar ist. Das sind so viele Dinge, die die Barrierefreiheit innerhalb und außerhalb der Kirche betreffen. Da stehen, glaube ich, Kirche und Gesellschaft vor den gleichen Aufgaben: Mehr und mehr bei allen Vollzügen darauf zu achten, was das für Menschen mit Behinderung bedeutet und was von Anfang an in der Planung berücksichtigt werden kann, damit Menschen mit Behinderung Dinge genauso nutzen können, wie Menschen ohne Behinderung auch.“

(rv 20.04.2010 vp)








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