2010-04-15 11:01:52

Brasilien: Die Mitwelt retten


RealAudioMP3 Es soll das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt werden. Die Auswirkungen für die Umwelt werden jedoch verheerend sein: Durch den geplanten Mega-Staudamm Belo Monte wird ein Drittel der Provinz Altamira in den Fluten versinken. „Chaos und Tod“ werde das Projekt laut Bischof Erwin Kräutler bringen. Im Gespräch mit Elfi Vomberg spricht der Bischof der Region Xingu über die Verantwortung der Mitwelt, sowie die Konsequenzen des folgenschweren Projektes am Amazonas.

Die Wasserschildkröten in der Region sind bedroht. Die Behörden machen sich Sorgen. Doch, dass tausende Menschen am Xingu mindestens genauso bedroht sind, davon ist bei der brasilianischen Regierung keine Rede. Inzwischen hat der brasilianische Bischof Erwin Kräutler den Begriff „Umwelt“ aus seinem Wortschatz durch den Begriff „Mitwelt“ ersetzt. Er will, dass die Menschen Verantwortung für ihren Lebensraum übernehmen.

„In Altamira, am Xingu und auch in Brasilien gibt es eine viel offenere Art über die Mitwelt zu denken und sie zu verteidigen. Vor zehn Jahren war das noch gar nicht so aktuell. Aber heute sind speziell die jungen Leute sehr darauf eingestellt, dass man doch Verantwortung trägt. Junge Leute, die heute 15 oder 18 sind - in einigen Jahren gründen Sie dann ihre Familie – und was wird dann mit diesen Leuten sein? Man muss die Frage einfach stellen – was hat das für Zukunft?“ 
Einige Betroffene werden bei dieser Frage wahrscheinlich resignierend mit dem Kopf schütteln. Erst im Februar musste die Bevölkerung eine Niederlage einstecken. Die Umweltbehörde bewilligte das Projekt in der Amazonasregion. Positiv in die Zukunft zu blicken, das fällt der Bevölkerung momentan schwer.

„Die Leute, die am Sonntag in der Kirche sind oder bei unseren kleinen Gemeinden mittun, das sind auch dieselben Leute, die in Mitleidenschaft gezogen werden. Wir müssen die Leute organisieren und der Bischof kann natürlich nicht sagen, „das interessiert mich nicht, weil das mit dem Sonntagsgottesdienst nichts zu tun hat“. Das sind die gleichen Leute und ich muss für die auch Hirte sein - auch während der Woche. Die Kirche, im Namen der Theologie der Schöpfung hat da was dazu zu sagen. Wir können nicht so tun, als ob uns das nichts angehen würde. Wir können nicht die Hände verschränken, wenn der Lebensraum von ganzen Völkern einfach aufs Spiel gesetzt wird.“  
Kräutlers Bistum ist das größte Flächenbistum Brasiliens, jede seiner Pfarreien hat zwischen 30 und 90 Basisgemeinden, in denen vor allem die Urbevölkerung lebt. Die Verantwortlichen wissen derzeit noch nicht, wie viele Familien betroffen sein werden, wenn es zur Überflutung kommt. Doch nach wie vor hofft der brasilianische Bischof, dass die Katastrophe abgewendet werden kann.
„Wir haben Alternativvorschläge. Ich habe immer gesagt, Brasilien hat eine wahnsinnig große Chance zu innovieren. Beispielsweise in die Sonnenenergie – vielleicht dass Brasilien in diesem Zusammenhang der ganzen Welt ein Beispiel gibt. Was da kaputt gemacht wird noch heute in der Zeit wo wir ja alle sensibel sein sollten unserer Mitwelt gegenüber. Das ist nicht mehr eine brasilianische Angelegenheit, die Folgen der Abholzung von Amazonien, die werden wir auf dem ganzen Planeten zu spüren bekommen.“  
Doch solange die Bagger noch nicht anrollen, will der brasilianische Bischof Erwin Kräutler sich auch weiterhin gegen das Projekt stark machen. Auf den Straßen finden nach wie vor Proteste statt und er will auch in Zukunft im Gespräch mit den Verantwortlichen bleiben.

„Wir protestieren nach wie vor. Was kommen wird, ich will eigentlich noch gar nicht daran glauben, dass das kommen wird. Und darum meine ich, dass zu guter letzt die Vernunft den Sieg davon tragen wird.“
 
(rv 14.04.2010 evo)







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