Im Vatikan ist man verstimmt über Berichte der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“.
Diese zitiert auf ihrer Homepage aus Akten zum Fall des pädophilen US-Priester Lawrence
Murphy aus den neunziger Jahren. Aber anders als die „New York Times“ in den letzten
Wochen nimmt sie dabei nicht den jetzigen Papst selbst ins Visier, der damals die
vatikanische Glaubenskongregation leitete. Stattdessen erweckt „Die Zeit“ den Eindruck,
der jetzige Kardinalsstaatssekretär Tarcisio Bertone, damals zweiter Mann an der Glaubenskongregation,
habe den US-Fall 1998 vertuscht. Auch der jetzige Präfekt der Kongregation, der US-Kardinal
William Levada, gerät in der „Zeit“-Darstellung ins Zwielicht. Zwar wird Papst Benedikt
in der neuen Lesart des alten Materials deutlich entlastet. Die „Zeit“-Version stützt
auch die Vatikan-Hinweise, dass der Fall Murphy damals auf Vatikanseite von Erzbischof
Bertone behandelt wurde. Ärgerlich ist man im Vatikan aber darüber, dass die „Zeit“
keineswegs neues Material bietet, sondern längst bekannte Dokumente „aufwärmt“. Auf
diese Dokumente ist der Vatikan in den letzten Wochen schon äußerst ausführlich eingegangen
– etwa Kardinal Levada in einem langen und detaillierten Statement. „Die kommen mit
Verspätung“, sagt Vatikansprecher Federico Lombardi über das „Zeit“-Dossier nach Angaben
der Nachrichtenagentur ansa. Der Jesuitenpater glaubt auch, dass „um jeden Preis versucht“
werde, „irgendwelche Vertuschungs-Mechanismen oder Tricks herauszufinden, die es gar
nicht gab“.