Osterfeiern in Jerusalem: Ausnahmezustand in der Heiligen Stadt
Während die Christen
in der Welt der Grabesruhe Jesu gedenken, haben in Jerusalem bereits die Osterfeiern
begonnen: In der Grabeskirche gilt noch der frühere Brauch, die Ostervigil am frühen
Samstagmorgen zu feiern. Das alte ökumenische Regelwerk in dem von sechs Konfessionen
genutzten Heiligtum erlaubt keine Änderungen an dieser Praxis. Und weil dieses Jahr
Ost- und Westkirchen gemeinsam Ostern feiern, wurde es in der Grabeskirche heute so
richtig voll – Gabi Fröhlich war für uns vor Ort:
Einen kleinen Vorgeschmack
auf das heutige Chaos brachte schon der gestrige Abend: Grablegungsfeier der Franziskaner
in der Grabeskirche – eine innige Liturgie, bei der eine Christus-Figur vom Kreuz
genommen, gesalbt und in die Grabeskapelle getragen wird.
Dieses Jahr ging
die Prozession allerdings in den Menschenmassen unter, die die Grabeskirche überschwemmten
– denn auch die verschiedenen orthodoxen Kirchen feierten ihre Karfreitags-Liturgien.
Auf dem völlig überfüllten Vorplatz kam es gar zum Handgemenge mit der Polizei, Tränengas
wurde eingesetzt.
Heute früh, 6 Uhr. Die Gassen des christlichen Altstadtviertels
sind gähnend leer: Die Polizei – mit 2.500 Mann im Einsatz – hat seit Mitternacht
alles abgeriegelt. Alle 30 Meter eine Sperre. Und davor erbitterte Menschentrauben.
Wir schaffen es mit einer Franziskanerprossion durch die Absperrungen – rund
200 katholische Gläubige dringen bis in die Grabeskirche vor. Mit dem Lateinischen
Patriarchen von Jerusalem, Fouad Twal, feiern wir die Ostervigil – umgeben von Hundertschaften
der Polizei.
Das erste Gloria dieser Osterzeit – gesungen am Ort des Geschehens
selbst. Für alle Besucher ein eindrückliches Erlebnis.
Während die Katholiken
in der Kirche sich bereits frohe Ostern wünschen, bereiten die Orthodoxen sich auf
den großen Ausnahmezustand vor: Am frühen Nachmittag flammt während der Liturgie des
Heiligen Feuers nach altem Volksglauben eine Feuerflamme auf wunderbare Weise im Grab
Jesu auf – ein starkes Symbol für das Licht der Auferstehung. Und da wollen natürlich
alle ganz nah dabei sein...
Aber – die Polizeisperren... Die Grabeskirche ist
zwar bald voll gepackt mit Gläubigen, aber die Gassen rundherum sind heute fast leer.
Mir gelingt es Dank Presseausweis bis zu einem großen Bildschirm vorzudringen, den
das Tourismusministerium für die Wartenden in der deutsch-evangelischen Erlöserkirche
gleich neben der Grabeskirche aufgestellt hat – wo ich allerdings mit ein paar Orthodoxen
und einem Dutzend deutscher Schaulustiger allein bin...
Der Bildschirm zeigt
eine brodelnde Menschenmenge, während der griechisch-orthodoxe Patriarch die heilige
Flamme mit ausgebreiteten Armen aus dem Grab trägt. Die Nachricht springt wie ein
Funke von Absperrung zu Absperrung – noch bevor die Läufer die begehrte Lichtflamme
aus der Kirche durch die Gassen tragen. Und dann ist auch für die Menschen in der
Stadt Ostern, was auf echt arabische Weise gefeiert wird: Hier tragen Jugendliche
einen Jungen mit einem Kreuz auf den Schultern und skandieren: Wir sind die Christen...