2010-04-03 15:31:39

Osterfeiern in Jerusalem: Ausnahmezustand in der Heiligen Stadt


RealAudioMP3 Während die Christen in der Welt der Grabesruhe Jesu gedenken, haben in Jerusalem bereits die Osterfeiern begonnen: In der Grabeskirche gilt noch der frühere Brauch, die Ostervigil am frühen Samstagmorgen zu feiern. Das alte ökumenische Regelwerk in dem von sechs Konfessionen genutzten Heiligtum erlaubt keine Änderungen an dieser Praxis. Und weil dieses Jahr Ost- und Westkirchen gemeinsam Ostern feiern, wurde es in der Grabeskirche heute so richtig voll – Gabi Fröhlich war für uns vor Ort:

Einen kleinen Vorgeschmack auf das heutige Chaos brachte schon der gestrige Abend: Grablegungsfeier der Franziskaner in der Grabeskirche – eine innige Liturgie, bei der eine Christus-Figur vom Kreuz genommen, gesalbt und in die Grabeskapelle getragen wird.

Dieses Jahr ging die Prozession allerdings in den Menschenmassen unter, die die Grabeskirche überschwemmten – denn auch die verschiedenen orthodoxen Kirchen feierten ihre Karfreitags-Liturgien. Auf dem völlig überfüllten Vorplatz kam es gar zum Handgemenge mit der Polizei, Tränengas wurde eingesetzt.

Heute früh, 6 Uhr. Die Gassen des christlichen Altstadtviertels sind gähnend leer: Die Polizei – mit 2.500 Mann im Einsatz – hat seit Mitternacht alles abgeriegelt. Alle 30 Meter eine Sperre. Und davor erbitterte Menschentrauben.

Wir schaffen es mit einer Franziskanerprossion durch die Absperrungen – rund 200 katholische Gläubige dringen bis in die Grabeskirche vor. Mit dem Lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Fouad Twal, feiern wir die Ostervigil – umgeben von Hundertschaften der Polizei.

Das erste Gloria dieser Osterzeit – gesungen am Ort des Geschehens selbst. Für alle Besucher ein eindrückliches Erlebnis.

Während die Katholiken in der Kirche sich bereits frohe Ostern wünschen, bereiten die Orthodoxen sich auf den großen Ausnahmezustand vor: Am frühen Nachmittag flammt während der Liturgie des Heiligen Feuers nach altem Volksglauben eine Feuerflamme auf wunderbare Weise im Grab Jesu auf – ein starkes Symbol für das Licht der Auferstehung. Und da wollen natürlich alle ganz nah dabei sein...

Aber – die Polizeisperren... Die Grabeskirche ist zwar bald voll gepackt mit Gläubigen, aber die Gassen rundherum sind heute fast leer. Mir gelingt es Dank Presseausweis bis zu einem großen Bildschirm vorzudringen, den das Tourismusministerium für die Wartenden in der deutsch-evangelischen Erlöserkirche gleich neben der Grabeskirche aufgestellt hat – wo ich allerdings mit ein paar Orthodoxen und einem Dutzend deutscher Schaulustiger allein bin...

Der Bildschirm zeigt eine brodelnde Menschenmenge, während der griechisch-orthodoxe Patriarch die heilige Flamme mit ausgebreiteten Armen aus dem Grab trägt. Die Nachricht springt wie ein Funke von Absperrung zu Absperrung – noch bevor die Läufer die begehrte Lichtflamme aus der Kirche durch die Gassen tragen. Und dann ist auch für die Menschen in der Stadt Ostern, was auf echt arabische Weise gefeiert wird: Hier tragen Jugendliche einen Jungen mit einem Kreuz auf den Schultern und skandieren: Wir sind die Christen...

(rv 03.04.2010 gf)








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