Angela Merkels Besuch
am Bosporus in diesen Tagen steht im Zeichen des interreligiösen Dialogs. Istanbul
ist die einzige Stadt auf der Welt, die auf zwei Kontinenten gelegen ist. Am Dienstagnachmittag
fand ein gemeinsames Gespräch mit Merkel, dem türkischen Ministerpräsidenten Recep
Tayyip Erdogan und Vertretern der deutschen Gemeinden statt. Die Kanzlerin hatte zuvor
die frühere Kirche und spätere Moschee Hagia Sophia sowie die Sultanahmet-Moschee
in Istanbul besucht.
Bei ihrem Türkeiaufenthalt hat sich die Bundeskanzlerin
u.a. auch über die Situation der deutschsprachigen Kirchengemeinden informiert. Im
Vordergrund habe dabei die ungeklärte rechtliche Lage gestanden. Das sagte der Pfarrer
der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Istanbul, Holger Nollmann, gegenüber
dem Kölner Domradio. Weil die Kirchen in der Türkei keinen rechtlichen Status hätten,
könnten sie keine Verträge abschließen, Immobilien erwerben oder Mitarbeiter anstellen.
Nollmann:
„Man muss unterscheiden, was die Situation der einheimischen Christen
hier in der Türkei angeht - also der griechisch-orthodoxen, der armenisch-apostolischen,
der syrisch-orthodoxen Gemeinden - und der Ausländer-Gemeinden. Die Rechtssituation
der hiesigen Kirchen ist sehr schlecht. Seit die Republik besteht, ist das so. Deshalb
ist die einheimische christliche Gemeinde mittlerweile so klein geworden. Für sie
muss der Rechtsstatus eindeutig noch verbessert werden, damit sie auch ihre internen
Angelegenheiten überhaupt angehen kann. Wir Ausländerkirchen brauchen an sich einen
Rechtsstatus, sodass wir unsere Eigentümer und Angelegenheiten mit mehr Rechtssicherheit
behandeln können.“ An dem Gespräch am Dienstag in der deutschsprachigen evangelischen
Gemeinde in Istanbul nahmen auch der türkische Minister für Kultur und Tourismus,
Ertugrul Günay, sowie Vertreter der deutschen katholischen Gemeinde teil.
„Wir
hatten einige Gemeindevertreter zusammengerufen. So gab es nach einleitenden Worten
einen sehr regen Austausch, der sich nicht nur auf die Rechtssituation bezog. Es ging
auch um das Alltagsleben unserer Gemeindemitglieder. Die Kanzlerin hat da sehr interessiert
und gezielt gefragt.“ Die deutsche Gemeinde in Istanbul wurde 1843 gegründet.
Sie hat derzeit rund 200 eingeschriebene Mitglieder. Betreut wird sie von dem westfälischen
Theologen Holger Nollmann, der seit 2002 EKD-Auslandspfarrer in Istanbul ist. Insgesamt
wird die Zahl der Christen unter den 70 Millionen Einwohnern der Türkei auf 100.000
bis 120.000 geschätzt. (domradio 31.03.2010 mg)